Showing 1 of 1
Falsches Spiel mit „guten“ und „bösen Terroristen“
Im Osten und Südosten der Türkei eskaliert dieser Tage der Kampf zwischen dem türkischen Militär und der Terrorgruppe PKK. Unsere Medien betonen dabei stets, dass die PKK von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft wird. In Deutschland ist die Gruppierung seit 1993 verboten und wird nach wie vor vom Inlandsgeheimdienst beobachtet. Wenn der tägliche Medienkonsument jedoch die Zeitungen aufschlägt, Radio hört oder die Nachrichtensendungen im TV verfolgt, kann er einen ganz anderen Eindruck bekommen. Dann fragt man sich: Ist Terror gleich Terror oder gibt es, wie derzeit der Anschein erweckt wird, „guten Terror“ und „bösen Terror“, „gute Terroristen“ und „böse Terroristen“? Gewiss ist die sogenannte ISIS eine Terrorgruppe, die bekämpft werden muss. Keine Terrororganisation hat dem Ansehen des Islam und der Muslime so sehr geschadet wie die sogenannte ISIS. Warum aber klassifizieren manche Journalisten, Politiker und Sicherheitsexperten Terroristen nach „schlimm“ und „weniger schlimm“? Wie kommen Politiker u.a. von den Grünen und der Linkspartei dazu, eine Wahlempfehlung für die HDP, den politischen Arm der Terrororganisation PKK abzugeben? Welche krankhaften Sympathiegefühle spielen bei solchen Wahlempfehlungen eine Rolle?
Arbeiterpartei, Friedensaktivisten und Freiheitskämpfer?
Die letzten Tage in der medialen Berichterstattung geben dem Leser und Zuschauer gute Beispiele für die Differenzierung zwischen „guten“ und „bösen Terroristen“. Da wird auf der einen Seite von „Freiheitskämpfern“, „Friedensaktivisten“ und einer „Arbeiterpartei“ gesprochen. Bei einer Arbeiterpartei fällt mir direkt die leider schon etwas verstaubte und in die Jahre gekommene Sozialdemokratie ein. Wenn Karl Marx wüsste, was im Namen von Arbeiterparteien heute alles gemacht und beschlossen wird, ich bin mir sicher, er würde sich im Grabe umdrehen. Bei „Freiheitskämpfern“ hingegen denke ich beispielsweise an die Weiße Rose, die Edelweißpiraten oder an Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der mit seinem Attentat auf Hitler scheiterte und dies mit seinem Leben zahlen musste. Ferner fallen mir Namen wie Martin Niemöller oder Dietrich Bonhoeffer ein. Und bei dem Begriff „Friedensaktivisten“ kommen einem Mahatma Gandhi, Nelson Mandela, Martin Luther King oder Malcom X und Zeev Sternhell in den Sinn. Aber bestimmt nicht die PKK oder ihre Schwestermiliz YPG („Volksschutzeinheiten“). Auch ganz bestimmt nicht Abdullah Öcalan, Murat Karayılan oder Cemil Bayık, um nur einige der Führungskader der Terrorgruppe zu nennen.
40.000 Opfer für einen sinnlosen Konflikt
In dem seit den 80er Jahren dauernden Konflikt zwischen der – wie bereits betont in Deutschland verbotenen(!) – Terrororganisation PKK und der Türkei, sind schon 40.000 Menschen ums Leben gekommen. 40.000 Menschen. Das lässt sich zwar so leicht schreiben und lesen. Aber wenn man sich einmal genau vorstellt, wie viele Menschenleben das sind, dann kann es durchaus sein, dass dies jemanden erschaudern lässt. 40.000 Menschen! Das ist die Einwohnerzahl von deutschen Kleinstädten wie Borken, Eisenach, Lemgo, Aurich, Wunstorf, Löhne oder Melle. Die Opfer sind meist Türken und Kurden. Vereinzelt sind nach gesicherten Informationen türkischer Sicherheitskreise auch andere Staatsangehörige dabei, auf die hier nicht näher eingegangen wird.
Wer hat Interesse am türkisch-kurdischen Bruderkrieg?
Dies ist kein Konflikt zwischen zwei ethnischen Volksgruppen. Es ist kein Konflikt zwischen Türken und Kurden. Es ist ein Konflikt zwischen den multiethnischen Sicherheitsbehörden der türkischen Republik und einer multiethnischen Terrororganisation, die für verschiedene Interessen, Akteure und Staaten tätig ist. Denn die Beziehungen der Türken zu ihren kurdischen Geschwistern innerhalb der Türkei sowie zu den kurdischen Nachbarn im Nordirak sind und bleiben unabänderlich gut. Jeder kann sich die Frage stellen, wem dieser Konflikt nützt und wer Schaden davon trägt. Die türkischen und kurdischen Geschwistervölker scheinen nicht davon zu profitieren. Auch für die Entwicklung der Region im Osten und Südosten der Türkei bedeutet der Konflikt eine Lähmung. Kurz: Die Türkei als Gesamtgebilde steht auf der Verliererseite. Die Region ist zudem wichtig für Pipelinerouten und Dammprojekte. Jetzt kommen die Preisfragen: Wer hat Interesse an diesem Konflikt? Wer unterstützt die Terrororganisation PKK? Wer setzt die PKK mit den Kurden gleich? Wer besteht also vehement darauf, dass es sich bei der PKK um eine angebliche „kurdische Rebellenorganisation“ handelt? Kurz: Wer versucht seit Jahren den Aussöhnungsprozess und den Frieden zu sabotieren und wer möchte einen Keil zwischen Türken und Kurden treiben?
Aussöhnung mit Kurden, Aleviten, Jesiden und Atheisten
Ein souveräner Staat hat das Recht, sich gegen Angriffe – besonders wenn diese von Terroristen stammen – angemessen zu verteidigen. Das Recht auf Selbstverteidigung, das Ländern wie den USA, Israel oder Ägypten zugebilligt wird, darf ebenso gerne Ländern wie der Türkei eingeräumt werden. Ansonsten stimmt etwas nicht mit der viel beschworenen Glaubwürdigkeit. Anders formuliert: Die Heuchelei lässt sich sonst nicht so gut verdecken.
Der jetzt kurzzeitig ausgesetzte Friedensprozess zwischen Türken und Kurden muss nach der erfolgten Bekämpfung der PKK unbedingt fortgeführt werden. Auch mit anderen Minderheiten in der Türkei, wie den Aleviten, Jesiden und Atheisten müssen noch engere Kooperationen geschlossen und für alle Seiten vertretbare Lösungen gesucht werden. Die „Neue Türkei“ darf und wird die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. In der „Neuen Türkei“ gibt es Platz für jede Volksgruppe, für jede Meinung und jede Religion. Das müsste Staatspräsident Erdoğan, der selbst Betroffener der „Alten Türkei” war, doch am besten wissen.
Der jetzt kurzzeitig ausgesetzte Friedensprozess zwischen Türken und Kurden muss nach der erfolgten Bekämpfung der PKK unbedingt fortgeführt werden. Auch mit anderen Minderheiten in der Türkei, wie den Aleviten, Jesiden und Atheisten müssen noch engere Kooperationen geschlossen und für alle Seiten vertretbare Lösungen gesucht werden. Die „Neue Türkei“ darf und wird die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. In der „Neuen Türkei“ gibt es Platz für jede Volksgruppe, für jede Meinung und jede Religion. Das müsste Staatspräsident Erdoğan, der selbst Betroffener der „Alten Türkei” war, doch am besten wissen.
Showing 1 of 1