10. Tag – Fiat! – Mir geschehe wie du gesagt!
Am 8. Dezember feiert die Katholische Kirche überall auf der Welt das sogenannte HOCHFEST DER OHNE ERBSÜNDE EMPFANGENEN JUNGFRAU UND GOTTESMUTTER MARIA. Für viele Menschen, die überhaupt keinen Draht zum Christentum haben, ist die Glaubenslehre von der „unbefleckten Empfängnis“ sicherlich eine der am fragwürdigsten anmutenden Botschaften unseres Glaubens. Selbst vielen Christen ist und bleibt diese Aussage des Christentums ein ewiges Geheimnis. Zu sehr haben wir uns inzwischen daran gewöhnt, dass der Mensch die Welt erklären kann. Mit unserem Drang, alles verstandesmäßig erklären zu wollen und darüber auch zu glauben, das zu können, haben wir alle den Kontakt zur transzendenten Welt verloren. Der Irrglaube, dass Menschen ein „Paradies auf Erden“ schaffen können, sind mit Sicherheit die blutigsten Erbschaften der beiden totbringenden Ideologien des 20. Jahrhunderts. Für diese Selbsterhöhung des Menschseins haben Millionen Menschen ihr Leben gelassen.
Die Glaubenslehre, dass Maria vom ersten Augenblick ihres Lebens an von aller Erbschuld frei war, hat sich erst im Lauf der Jahrhunderte allmählich geklärt. Sie wird ausdrücklich in der Heiligen Schrift nicht ausgesprochen, doch wurden einige Aussagen der Schrift schon früh in dem Sinn verstanden, dass Maria das reinste und, wenn man will, „gelungenste“ Geschöpf Gottes war, die neue Eva, die ohne Sünde blieb und so zur „Mutter aller Lebenden“ werden konnte. Dabei muss klar bleiben, 1. dass Maria auf dem natürlichen Weg als Kind ihrer Eltern geboren wurde und 2. dass auch sie alle Gnade durch Jesus Christus, durch seinen Kreuzestod, empfangen hat.
Die liturgische Feier der Empfängnis Mariä kam im 9. Jahrhundert von Konstantinopel nach Süditalien und Sizilien; aber durchgesetzt hat sich das Fest von England her, wo der hl. Anselm von Canterbury es in seiner Diözese einführte. 1476 wurde es durch den Franziskanerpapst Sixtus IV. von der römischen Kirche übernommen. Am 8. Dezember 1854 hat Pius IX. die Lehre von der Unbefleckten Empfängnis Mariä verbindlich definiert und als Glaubenssatz erklärt.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. (Saint-Exupéry)
Aus dem Tagesevangelium:
In jener Zeit wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.
Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.
Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.
Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden.
Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.
Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben.Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein Ende haben.
Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?
Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.
Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich.
Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.
Gedanken zum Tagesevangelium:
Die Erzählung vom Engel, der mit der Botschaft zu Maria geschickt wird, sie werde einen Sohn empfangen, obwohl sie noch unverheiratet war, gehört wohl zu den bekanntesten Passagen des gesamten Neuen Testaments. Oft überlesen wir aber den Sprengstoff, der in diesen Zeilen steckt.
Maria ist die faszinierendste, bedeutendste und gleichzeitig geheimnisvollste Frau der Geschichte. Mit ihrem „Fiat“ (Es geschehe) hat sie „Ja“ zum göttlichen Heilsplan gesagt und der Menschheitsgeschichte den Neuen Bund zwischen Gott und den Menschen gebracht. Dabei war die Situation, in die sie mit ihrem „Fiat“ kommt, alles andere als angenehm.
Eine junge Frau, die sich gerade verlobt hat, und deren Lebensweg vorgezeichnet scheint, soll sich für ein „uneheliches Kind“ entscheiden. Ein Engel stellt ihr Leben komplett auf den Kopf. Er erzählt ihr etwas von einem Sohn, den sie empfangen soll, redet noch etwas von wegen Sohn Gottes und erwartet auch noch, dass sie sich auf diese Botschaft einlässt. Was mag Maria in diesem Moment durch den Kopf gegangen sein? Kurz fragt sie noch nach, bevor sie schließlich in den Worten des Engels doch die Botschaft Gottes an sie erkennt. Dann erfolgt das berühmte Fiat! (Es geschehe!) Marias.
Was hätten wir an der Stelle Marias gemacht. Leiben wir nicht die Sicherheit, das Gefühl alles übersehen und planen zu können? Die kleinsten Unregelmäßigkeiten werfen uns schon aus der Bahn. Der Advent möchte uns herausholen aus unseren Planungen, er möchte uns eine Zeit zur Verfügung stellen, in der wir über unser Leben neu nachdenken können. Vielleicht auch einmal eine Zeit der Stille und des Gebetes finden, damit wir die Botschaft des Engels an uns wieder neu hören können. Wie gehen wir mit Überraschungen um, die wir im Moment vielleicht nicht ganz verstehen, wo wir auf unser Gefühl vertrauen müssen, um zu erkennen, was in einer Situation das richtige ist? Sind wir bereit, mit Maria dieses Fiat! zu sagen oder schicken wir Gott lieber weg, damit er nicht unsere comfort zone bedroht? Sind wir bereit aufzustehen und zu handeln, wenn wir etwas als den Willen Gottes erkannt haben? Die Herausforderung des heutigen Hochfestes ist genau dieses Fiat!, das getragen ist von dem Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint, dass er uns nicht in eine Falle laufen lässt, sondern in seine liebenden Arme.
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