Da sitzt er nun, der Joshua Bell mit seiner Stradivari in der U-Bahn-Station. Gibt Johann Sebastian Bach zum besten. Und es laufen während des Stücks 1070 Personen an ihm vorbei. Am Ende des Stücks nach 43 Minuten hat er 32,17 Dollar verdient.
Versteckte Kameras und ein Soziologie-Projekt, angesetzt von der Washington Post.
Jetzt kursiert das Video davon im Internet und Menschen teilen und liken es, bis es kracht in den sozialen Medien.
Von 100 Vögeln, die es teilen, gibt es wahrscheinlich nur einen, der Bach wirklich mal gehört und genossen hat. Aber wir müssen uns ja bei unseren 643 Freunden, die wir haben, irgendwie interessant machen. Also teilen wir es und schelten so unausgesprochen all die Kultur- und Kunstbanausen, die einfach an ihm vorbei gehen.
Wie töricht die sind!?
Und wollen damit zum Ausdruck bringen:
„Wenn ich jetzt da gewesen wäre, hätte ich mich dort hingestellt und ihm den Arsch geküsst, weil er morgens um 07:51 Uhr Bachs 6. erklingen lässt.“
Sind die wirr in der Birne?
Ich würde jederzeit an ihm vorbeilaufen, auch wenn seine Konzerttickets durchschnittlich 1000 € kosten würden. Bach ist mir komplett Banane. Bei uns zu Hause gab es eine CD mit klassischer Musik von Wolfgang Amadeus Mozart. Und die gab es 1996 kostenlos zum CD Player dazu. Hab ich sie mir angehört? Ja, hab ich !!! Dann hab ich sie rausgeholt und Michael Jacksons „Bad“-Album eingelegt.
Weiß ich den Musiker an sich, den Künstler, nicht zu schätzen ?
Natürlich tue ich das. Bin ja integriert. 🙂 Quatsch.
Es ist bewundernswert, was dieser Mann mit seiner Violine zu Stande bringt. Aber auf den ollen Sebastian ist gepfiffen. Würde sich Joshua Bell an eine Schwebebahn-Station in Wuppertal setzen und mit seiner Stradivari James Browns „It´s a Man´s World“ erklingen lassen. Dann würde ich stehenbleiben und ihm zuhören. Der Song ist unglaublich sexy.
Oder von Curtis Mayfield, „Pusherman“!!! Stell dir mal vor, da steht einer mit ’ner Geige morgens um zehn vor acht und spielt :
I´m your mama, i´m your daddy,
I´m that nigga in the alley,
I´m your doctor when in need.
Want some coke ? Have some Weed.
You know me. I´m your friend.
Your main boy, thick and thin.
I´m your Pusherman.
Das wäre doch mal ein Anblick!? 🙂 Dennoch würde ich vorbeigehen und mir denken: „Hammer-Typ, steht da, bevor die Krähen ihr Geschäft gemacht haben und spielt Funk auf ner Violine.“
Und wenn Menschen in sozialen Medien, die bei dem Klang von Ankaranın Bağları nicht still sitzen bleiben können, solch einen Beitrag teilen, krieg ich´n Herzriss.
Papa was a Rolling Stone, Baby!
Auf Willesähn