„Mohamed – Eine Abrechnung“ ist eine biographische Skizze von Hamed Abdel-Samad und ist 2015 im Droemer Verlag erschienen.
Die erste Biographie des Propheten Muhammad wurde ca. 200 Jahre nach dessen Tod verschriftlicht. Innerhalb von acht Kapiteln wird eine vom Autoren persönliche Skizze von Muhammads Lebensgestaltung, Denkweisen und Handlungen nachgezeichnet. Jedes Kapitel bearbeitet die Figur des Propheten Muhammad zu genau abgesteckten Bereichen, angefangen vom Autorengedanken der „Radikalisierung eines Visionärs“, den historischen Gründen der Verschriftlichung seiner Biographie, seinem Verhältnis zu Ismael (dem Sohn Abrahams), seinen Taten, seinem Verhältnis zu Frauen, seinem Bezug zum Koran, seiner Verbindung zum Judentum, der psychologischen Darstellung seines Wesens und zuletzt, wie mit Satire – anhand des Beispiels Charlie Hebdo – im religiösen Bereich umgegangen werden sollte.
Hamed Abdel-Samad greift in seinem Buch auf die Möglichkeit, die Figur Muhammads aus seiner Sicht zu beurteilen und berührt dabei die von vielen Muslimen wichtige Unantastbarkeit des Propheten. Der Inhalt ist eine persönliche Auseinandersetzung mit den Gedanken, Taten und Worten dieses Charakters sowie seines bestehenden Einflusses auf die heutigen Muslime. Obgleich es außer dem Koran keine Dokumente von oder über Muhammad gibt, die bis zu seiner Lebenszeit zurückreichen, glaubt der Autor sich auf Informationen stützen zu können, die seinem Muhammad-Bild gerecht werden. Insbesondere das vermeintliche Wissen über die gesundheitliche wie geistige Verfassung des Propheten wird scheinbar überzeugend dargestellt, allerdings nur basierend auf Vermutungen und nicht auf Beweisen.
Der Prophet Muhammad wird aus der persönlichen Sicht des 21. Jahrhundert beurteilt
Widersprüchlich ist, dass der Autor einerseits feststellt, dass die Figur Muhammads nur im Lichte des 7. Jahrhunderts bemessen und erläutert werden kann, er sich jedoch andererseits das Recht herausnimmt und den Propheten aus seiner eigenen, persönlichen, aus dem 21. Jahrhundert stammenden Sichtweise beurteilt. Dabei stützt er sich auf primär nichtislamische Ressourcen und nur zweitrangig auf islamische Quellen.
Wie ein roter Faden zieht sich der Vergleich der Gedanken, Worte und Taten des Propheten mit denen der Mafia und des IS durch das Buch. Zudem wird Muhammad in seinem Wirken mit Hitler gleichgesetzt, ein sehr mutwilliger und bisweilen despotischer Vergleich. Natürlich könnte man aufgrund der aktuellen Medienberichte vielen Aussagen zustimmen, nur sind es Kurzschlüsse, die nicht zu Ende gedacht werden und dementsprechend Ressentiments bilden, wo keine sein dürften.
Obwohl der Autor Muslimen vorwirft sich nur die Rosinen aus der islamischen Literatur herauszupicken, um einem positiven Muhammad-Bildnis gerecht zu werden, bedient er sich selbst einer willkürlichen Quellenauswahl. Dass, was der Interessierte zu lesen bekommt, ist das von einem Salafi-beeinflussten Islambild und dementsprechend von der Figur Muhammad. Damit widerspricht sich der Autor nochmals, indem er aktiv deren Verständnis nutzt und sich zu eigen macht, welches er eigentlich zu bekämpfen wünscht.
Hamed Abdel-Samad vom fundamentalistischen Islam-Bild geprägt
Da der Autor vom fundamentalistischen Islam-Bild geprägt ist, unterläuft ihm der Fehler, dass er dem Propheten seine Menschlichkeit entzieht. Dass der Prophet ein Mensch mit Stärken, aber auch mit Schwächen, war, lässt sich im Koran sowie in den Überlieferungen nachlesen. Zudem wird immer betont, dass auch wenn Muhammad ein Gesandter Gottes war, er nicht frei von Fehlern war und zudem Gefühle wie Emotionen zeigen konnte. Der Autor hat sich diese menschliche Schwäche zu eigen gemacht und konnte dadurch eine Diskreditierung Muhammads als psychisch labilen Menschen im Buch durchsetzen.
Obwohl sich sehr viele historische Informationen und koranische Aussagen im Buch wiederfinden lassen, ist herauszulesen, dass diese biographische Skizze profunde wissenschaftliche Lücken aufweist, wichtige Ansätze auslässt und sich primär auf einer Verunglimpfung der Figur Muhammads festsetzt. Zudem lässt Abdel-Samad den Leser glauben, der Prophet wäre der Autor des Koran, indem er immer wieder betont, Muhammad habe im Koran diese oder jene Aussagen getätigt. Dabei ist zu betonen, dass der Koran nicht das Wort Muhammads, sondern nach überwiegend muslimischer Auffassung das Wort Gottes ist.
Autor liefert Argumente für den rechten Rand
Das Fazit des Buches ist, dass die Figur Muhammads nach Aussage des Autors einen multi-psychopathischen Charakter darstellt, in welchem es sich gleichzeitig um einen Epileptiker, einen Narzissten, einen Größenwahnsinnigen, einen Kontrollfreak, einen Paranoiden, und Kritikunfähigen handeln soll. Diese Aufstellung erinnert deutlich an das mittelalterliche christlich-abendländische Verständnis sowie an dessen der heutigen Islam- und Muslimgegner wie Kritiker.
Mein Eindruck ist, dass der Autor mit seinem Buch Argumente für den rechten Rand sowie Islam- und Muslimkritikern wie –Gegnern liefert und sich dessen bewusst ist. Seine persönliche „Abrechnung“ mit dem Propheten Muhammad ist nicht für die Muslime, sondern für ihre Gegner und Kritiker gedacht, denn sein Publikum besteht weniger aus Muslimen, sondern vielmehr aus primär deutschen Nichtmuslimen, die er in ihren Ressentiments gegen den Islam und seine Anhänger bestätigt. Um das Komplott zu vollenden, verunglimpft er nicht nur die Figur Muhammads, sondern gleichzeitig ca. 1,5 Milliarden Muslime, indem er ihnen andichtet, sie hätten Muhammads Schwächen (Krankheiten) von ihm vererbt bekommen.
Das Buch lässt sich als Streitschrift beschreiben, mit gewagten Thesen und willkürlichen Schlussfolgerungen, denen man nicht Folge leisten muss. Wenn es einen positiven Beitrag beinhaltet, dann ist es der, dass sich Muslime mit den Grundlagen ihrer Religion intensiver beschäftigen werden.