Gestern ging ich in die Buchhandlung meines Vertrauens, in der ich mich beinahe täglich über die neuesten Romane, Sachbücher und Graphic Novels freue, die mir schon im Eingang entgegenleuchten. Doch heute bleibe ich vor einem Regal stehen, direkt rechts neben dem Eingang. In dicken Buchstaben steht darüber der Name des Verlags geschrieben: „SPIEGEL“. Es ist die angebliche Bestseller Liste. Auf Platz zwei die neue Hetzschrift von Hamed Abdel-Samad, der mal wieder Geld mit Thesen verdient, die er aus dem Internet und ein paar Büchern zusammengerafft hat, um einmal mehr im Rampenlicht zu stehen, als der Vorbild-Moslem, der seinen Glauben hinterfragt, indem er sich wie eine Prostituierte am Bahnhof immer wieder mit dem gleichen Angebot verkauft. Darunter, auf dem sechsten Platz – oder war es der fünfte? – Navid Kermanis neues Buch. Das neue Meisterwerk desjenigen Muslims, der den Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekommen hat. Der Spiegel bedient sie anscheinend beide: Hetzer und Gehetzte.
Ich bin empört, ein ganz klein wenig empört
Was ist los mit diesem Land? Diesem Land, dessen Name einmal für Aufklärung stand, für Dichter und Denker. Für Goethe, einen Dichter, der sich dem Islam näherte. Für Kafka, einen Juden, der sogar bis in die arabische Welt hinein gelesen und diskutiert wird. Kermani scheint an diese Tradition anknüpfen zu wollen, überschreitet Grenzen, eckt an und spricht vor begeistertem Publikum. Aber während an dem einen Ort die Ehrung dieser Tradition mit Klatschen und Tränen in den Augen zelebriert wird, tritt eine halbe Stadt dieses Erbe mit Füßen! In Köln gehen nach der Messerattacke auf die mittlerweile neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker gerade einmal 40{29198b972399c81ed5054510dfa220ef2abbd08e78f3050c7d7070df681d4040} der wahlberechtigten Bürger zur Wahl. Man kann nun zynisch schreiben, wäre es ein Muslim gewesen mit einem schönen arabischen Dolch, wären wir alle zusammen durch die Straßen marschiert, Hand in Hand mit Hollande und Merkel.
Rechter Terror, oder doch Familiendrama?
Während islamistischer „Terror“ anscheinend beliebt ist und für Auflagenexplosionen sorgt, interessiert sich keiner mehr für rassistische Verbrechen. Sind wir – wieder einmal – auf dem rechten Auge blind? Oder haben wir Angst? Weil Nazis uns verstehen, wenn wir uns über sie beschweren, uns über sie lustig machen? Hacken wir lieber auf Ausländern und Flüchtlingen herum, weil sie sich eh nicht wehren können? Laufen wir lieber mit Pegida durch Dresden und nehmen brennende Unterkünfte für Kriegsgeschädigte und verängstigte Kinder in Kauf, als zu sagen, dass wir Faschismus nie wieder dulden und dafür auch einstehen? Keine hundert Jahre ist es her und dennoch wartet man förmlich auf die nächste Reichs-Kristall-Nacht. Oder war es die Reichsprogromnacht? Wen interessiert das noch… An allen Ecken und Enden kränkelt es. Sei es in der Gleichberechtigung, der Frage nach Rassismus oder der Organisation der Ströme von armen Menschen, die wie Hunde zusammengepfercht werden in kleinen Hallen. Das große Deutschland, so tief gesunken, wie es nur geht. Dabei haben wir so lobenswerte Eigenschaften, eine großartige Verfassung mit Rechten, für die unsere Vorfahren kämpften und ihr Leben ließen. Stattdessen überlassen wir Nationalsozialisten die Definitionshoheit über unser wunderschönes Land, unsere Werte unsere Identität. Wir stehen für Weltoffenheit, Meinungsfreiheit, Menschenwürde und so vieles mehr.
Morgenland, so hilf uns doch!
Vor nicht einmal 100 Jahren, erlebten die Muslime ihre „Auferstehung“, die Nahda. Menschen wie Qasim Amin, al-Kawakibi und al-Tahtawi kämpften für das Recht auf Bildung, Frauenrechte und gegen die Gewaltherrscher ihrer Länder, motiviert durch europäische Vorbilder, und bezahlten teilweise einen hohen Preis. Jetzt sind es wieder die Türken, Araber und Muslime, die uns anscheinend von unserer Amnesie befreien und uns aus unserem Koma auferwecken müssen. Ob Andreas Bourani mit seinem Song zum Weltmeistertitel, NAMIKA mit ihren ausdrucksstarken Texten und ihrem genialen Flow oder Kermani, dem Autor, dem man eine so hohe Ehre wie den Friedenspreis des deutschen Buchhandels zu Teil werden lässt. Viel Unrecht und Feindschaft hat man ihnen bisher entgegengebracht. Aber jetzt brauchen wir sie, brauchen wir euch, mehr denn jeh. Was ich mache? Ich bin mit einem Freund in den Buchladen meines Vertrauens gegangen. Gleich nach dem Kaffee-Crema und dem köstlichen Keks aus der Uni-Mensa. Ich habe die Bücher aus dem Regal genommen und sie einfach umgestellt. Kermani neben Abdel-Samad und Abdel-Samad neben Kermani. Diskussion und Streit darf sein, aber immer auf Augenhöhe.