„Mama ich hab Hunger!“ Das sagte Adil nun schon das gefühlte tausendste Mal. Mit müden Augen blickte Maria über ihren Schreibtisch hinweg ihren Sohn an. Er hielt die Fernsteuerung seines kleinen Feuerwehrautos in der Hand, welches nun laut summend durch das Arbeitszimmer schnellte.
„Jaja“ hauchte Maria. „Wann kommt Papa nachhause?“ wollte Adil wissen. „Morgen“ stöhnte Maria, schob die unfertigen Dokumente zur Seite und stand auf um in der Küche nach dem Auflauf zu sehen der im Ofen vor sich hin buk. In Gedanken ging sie noch einmal durch was sie heute noch alles erledigen musste; Einkaufen, Adils Sportsachen für morgen waschen, Rechnungen bezahlen, den Papierkram erledigen und verschicken… In dem Moment klingelte es an der Tür. Es war Frau Schulz. Sie hielt ein abgenutztes Skateboard in der Hand.
„Ist das ihres?“ „Ihnen auch einen schönen Tag“ murrte Maria genervt. „Ob das Ding hier ihnen gehört“ „Nein, tut es nicht.“ „den Jungen auch nicht?“ „Nein, Frau Schulz, meinem Sohn gehört es auch nicht!“ „Wem gehört es dann?!“ „Woher soll ich das wissen?“ „Mama!“ kam es plötzlich aus der Küche, „was riecht hier so komisch?“
„Oh Gott, der Auflauf!“ „Ja, was ist nun mit dem Board?“ hörte Sie Frau Schulz noch sagen als sie die Tür zu knallte um in die Küche zu rennen. Das „so eine Unverschämtheit!“ danach hörte sie nicht mehr. Sie holte den qualmenden Auflauf aus dem Ofen und riss das Fenster auf. „Ich hab Hunger“ jammerte Adil.
Maria starrte auf das verkohlte Essen und dann in die verzweifelten Kinderaugen. „Na komm“ sagte sie schließlich, „ich kauf uns Döner.“
Als am Abend die Papiere endlich im Briefkasten waren, der Kühlschrank aufgefüllt war, die Sportsachen im Sportbeutel bereitlagen und Adil gebadet und warm eingekuschelt im Bett schlief, ließ Maria sich erschöpft aufs Sofa fallen. Trotzdem ging sie schon nach dem ersten Klingeln ans Telefon und lächelte dabei sogar, „Na?“ fragte sie, „hast Du dich in Köln schön erholt?“ Das Lachen in der Leitung tat gut. „Freu dich nicht zu früh auf Zuhause“ scherzte Maria, „deine Lieblingsnachbarin hat ein Skateboard im Haus gefunden.“ „Aha“ Das amüsierte Lächeln in Yasins Stimme war nicht zu überhören. „Mensch Yasin“ seufzte Maria, „Komm endlich nachhause. Und sag deinen Chef er soll nächstes Mal selber gehen.“ „Aber ich bring dir was mit.“ „Zum Muttertag?“ „Na klar.“ „Und was?“ „Sag ich nicht.“ Und das tat er dann auch nicht.
Umso neugieriger war Maria als Yasin ihr am nächsten Abend im Restaurant gegenübersaß und ein kleines Geschenkkästchen hervorholte. Adil übernachtete den Abend bei den Großeltern. Maria öffnete zaghaft das Kästchen und fing augenblicklich an zu strahlen. „Ein Liebesschloss mit Gravur!“ „Und zwar in Pink“ bemerkte Yasin stolz, „extra für dich. Gefällt es dir?“ Es gefiel ihr sogar sehr. „Das müssen wir jetzt aber wo anbringen.“ Grinsend schob Yasin ihr einen Umschlag zu, „Vielleicht an der Hohenzollernbrücke.“ Im Umschlag lag eine kurzreise nach Köln für drei Personen. „Alles liebe zum Muttertag“ sagte Yasin.
Und so hing bald an der Hohenzollernbrücke in Köln ein neues Schloss mit Gravur unter den 100,000 bunten Liebesbekenntnissen die dort verewigt am Gelände bezeugten wie unendlich wichtig ein Mensch für den anderen sein kann. Da kann einen auch eine Frau Schulz nichts mehr anhaben.