Seit einem halben Jahr kommen sie nun. Die Flüchtlinge, oder Migranten oder Einwanderer, Zuwanderer, wer und was auch immer. Ich schreibe heute wieder einen Artikel über die Flüchtlingskrise, obwohl ich das Wort „Flüchtling“ nicht mehr hören kann. Ehrlich gesagt: Ich habe es satt, es nervt, es geht mir auf den Geist.
Flüchtlinge, Flüchtlinge, Flüchtlinge
Man hat das Gefühl, es gebe gar keine Tagespolitik, kein Wirtschaftsgeschehen, keine anderen Themen mehr. Nur noch Flüchtlinge. Es wird gar nicht so viel argumentiert, es wird viel mehr vorgeworfen, schlecht gemacht, diskriminiert, diskreditiert. Von beiden Seiten! Die einen sehen in jedem, der helfen möchte, einen „Gutmenschen“ und die anderen in jedem, der sich kritisch äussert, einen „besorgten Bürger“. Nun hat es das Wort „Gutmensch“ ja zum „Unwort des Jahres“ geschafft. Hätte man hier nicht besser gleich auch noch den Bregriff „Besorgter Bürger“ zum zusätzlichen Unwort des Jahres wählen sollen? Ich finde: Ja!
Nun heisst es, das Wort Gutmensch würde immer dann gebraucht, um Helfende zu diskreditieren. Ok, da ist was dran! Aber ist es mit dem Begriff „Besorgter Bürger“ nicht ebenso? Werden nicht mittlerweile alle kritische Stimmen mit genau jenem Begriff ausgekontert?
Gutmensch vs Besorgter Bürger – oder doch nicht?
Ich beobachte in den letzten Monaten auch beim Begriff „Besorgter Bürger“ eine ebenso abwertende und inflationär gebrauchte Möglichkeit, seinem Gegenüber klarzumachen, dass man seine Argumente weder hören noch diskutieren will. Und schlimmer noch, der Begriff „Besorgter Bürger“ wird ja nicht wie „Gutmensch“ für etwas gebraucht, was suggeriert, man würde Gutes tun wollen. Nein! Es wird mit Rassismus, Nazitum und Hetze verbunden. Da liegt der Hase im Pfeffer!
Nun erlebe ich immer wieder, dass selbst einfache kritische Stimmen mit dem Begriff „besorgter Bürger“ ausgekontert werden. Nun sind plötzlich all jene „besorgte Bürger“, die sich nach Silvester in Köln kritischer äussern oder schlicht und einfach Angst haben. Nun avancieren plötzlich Frauen zu „besorgten Bürgern“ weil sie sich mit Pfefferspray eindecken. Dabei hat man teilweise selbst Warnungen von namhaften Politikern und Kritikern nicht ernst genommen und als rechten Sprech bloßgestellt. Eben jene, die sagten: Wir müssen uns auch mit den Besonderheiten, kulturellen Unterschieden und den Eigenarten der ankommenden Menschen befassen.
Letztlich sind vermehrte Ängste nach der Kölner Silvesternacht völlig normal und instinktiv begründet! Genau so, wie vermehrte Ängste unter Asylanten gegenüber Deutschen nach einem Brandanschlag auf Flüchtlingsheime, auch völlig natürliche und menschliche Schutzmechanismen sind.
Ich sprach seit einigen Monaten mehrfach davon, dass auch Flüchtlinge ganz normale Wünsche haben, dass gerade die vielen ankommenden Männer nicht sagen: „nun bin ich in Deutschland und in Sicherheit, und mehr will ich nicht“. Auch ein syrischer Mann oder ein afghanischer Jugendlicher mag Frauen und hat Bedürfnisse. Nun haben wir aber das Problem, dass Frauenrechte in den Herkunftsländern oft nicht geachtet und anders bewertet werden. Selbst Gregor Gysi mahnte gestern, man muss den Ankommenden klarmachen, dass hier in Deutschland das Grundgesetz gilt, dass Frauen hier Rechte haben und gleichberechtigt sind!
Regeln erklären – Grundgesetz verdeutlichen
Es reicht also nicht, Flyer zu drucken, in denen steht, wo man als Asylsuchender Hilfe bekommen und wie man sein Recht auf Asyl in Anspruch nimmt. Jemand, der aus einem Land mit anderen Lebensweisen, anderen Kulturen, anderen Ansichten und Werten, nach Deutschland kommt, dem muss man auch verdeutlichen, welche Werte und Regeln in Deutschland maßgebend und einzuhalten sind. Dem muss man sagen dürfen und müssen, dass hier Frauen gleiche Rechte haben und mit Respekt behandelt werden. Das st kein rechter Sprech – so fordert es das Grundgesetz! Und da möge es mir jetzt erlaubt sein zu sagen, dass auch bei aller Herzlichkeit in der Hilfe für Flüchtlinge eine „gewisse Naivität“ bei einigen eben doch an den Tag gelegt wurde. Eben jene, die ganz normal kritische Stimmen sofort mit der „Besorgte Bürger“ oder „Nazi“ – Keule niedergeknüppelt haben. Genau so, wie eben auch nicht jeder Helfende in den Augen rechter Kreise, ein total emotionsverblendeter Naivling ist!
Ach so, ich sagte ja, mich nervt die Flüchtlingsdiskussion
Nun zum eigentlichen Thema. Schaut man in die Zeitungen oder liest man bei Facebook, so dreht sich in den Medien alles vorrangig um Flüchtlinge. Und hier möchte ich gern auch ansetzen um zu meinem eigentlichen Anliegen zu kommen. In den letzten Jahrzehnten hat sich immer mehr gezeigt, dass durch dieses Problem, bestimmte Themen „zum Hauptproblem kühren zu müssen„, Nebenbaustellen ins Hintertreffen geraten. Ich habe vor einiger Zeit den hiesigen Streitmächten der rechten und linken Zusammenschlüsse empfohlen, einmal eine Demo auf die Beine zu stellen, in der es nicht um Pro oder Kontra Flüchtlinge geht, sondern viel mehr um die Bekämpfung der Fluchtursachen. ich empfahl, sich mit Flüchtlingen gemeinsam hinzustellen und darauf aufmerksam zu machen, dass ja nicht jeder bleiben wolle und die Flucht ja nicht erfolgt, weil jeder nach Deutschland will, weil es sich hier so sorgenfrei lebt, eben, weil Flucht ein Wegrennen vor Gefahr, Tod und Verderben ist, eben, ein Kampf um Leib und Leben – und, keiner gern seine Heimat verlässt und sich nichts sehnliches wünscht, als wäre kein Krieg und man wäre zu Hause, mit seiner Familie, mit seinen Kindern, in Frieden! Wieviel Resonanz es gab? Von Links: NULL – von Rechts: NULL! Verächtlich schallte es sogar: „Mach du doch ne Demo wenn du alles besser weisst“.
Mich nervt das ganze Flüchtlingsthema auch deshalb so sehr, weil es teilweise nur noch ein Frustabbau für allerhand Gruppierungen geworden ist. Die Leidtragenden sind letztlich die Flüchtlinge, und die, die nicht recht helfen können obwohl sie wollen, die, die sachlich nach Lösungen suchen und ausgegrenzt werden, weil sie nicht 100 {29198b972399c81ed5054510dfa220ef2abbd08e78f3050c7d7070df681d4040} „Ausländer raus“ oder „Refugees Welcome“ brüllen.
Und noch etwas zeichnet sich ab: Angst den Mund aufzumachen…
Ausgrenzung beginnt auch da, wo man anfängt, mit Floskeln klarzumachen, dass andere ja kaum was wert sind, weil sie eben nicht mithelfen, mitdemonstrieren oder mitstreiten wollen oder können. Sie mögen sich dann heraushalten, sie mögen die Klappe halten. Sie seien dumm, ungebildet, einfach zu wenig Hirm im Kopf..
Anstatt nun mal sachlich zu diskutieren, und denen, die vielleicht nicht so sehr gebildet sind zu sagen, du bist trotzdem wertvoll, ihnen zu sagen, auch wenn du eine komische oder andere Haltung hast, bist du lange kein Nazi oder Gutmensch, lange nicht „rechtsverblendent“ noch „gefühlsnaivisiert“ – Nein, man drischt gern drauf, das ist ja schnell ruhebringend und nachhaltig – und, es kostet am wenigsten Kraft!
Genau dann frage ich mich, wie kommt es eigentlich zu dem ganzen Hass untereinander? Hass kommt nicht durch Angst oder Furcht, Hass entsteht meist da, wo Überheblichkeit Stärkerer Schwächere trifft. Hass wächst und gedeiht auch nicht dort, wo einige mehr haben als andere – Hass entsteht viel mehr dadurch, dass oft die, die mehr haben, auf untere Bevölkerungsschichten spöttisch herabschauen. Wer kennt sie nicht, die Floskeln, „Hartzer sollen mal arbeiten gehen, sie schaukeln sich ja eh nur die Eier“ oder „Jeder ist seines Glückes Schmied“? Eben jene Redewendungen, die nichts anderes aussagen als: „Ich weiss ja viel besser über dich Bescheid als du selbst – ohne dich überhaupt kennen zu müssen“. Das ist anmaßend, diskriminierend und intolerant!
Furcht -> Neid -> Hass – so einfach ist das nicht!
Ich wage hier einmal die Frage: Kann es sein, dass rechtes Gedankengut, Ausländerfeindlichkeit und letztlich auch ganz normaler Hass entstehen, weil diese Menschen auch vor längerer Zeit ausgegrenzt, spöttisch belächelt und diskriminiert wurden?
Mag sein, nicht bei allen – aber möge da jeder für sich mal nachdenken, ob da nicht ein bisschen Wahrheit dran sein könnte. Dann bekommt die ganze die Flüchtlingssituation mehr Verständnis, Sachlichkeit und nicht zu letzt auch mehr friedliche und wertschätzende Diskussionskultur.
Denn: Ein leerer Magen arbeitet nicht gern – und sozial Benachteiligte und Ausgegrenzte sehen oft keinen Sinn darin anderen zu helfen. So entsteht hier und da auch der Satz: „Mir hilft ja auch keiner!“