Eigentlich wollte ich den heutigen Tag gemütlich angehen lassen. Also hab ich was zu lesen, was zu trinken und Knabberei um mich herum verteilt und es mir aufm Sofa gemütlich gemacht.

Ich hatte auch etwas Interessantes zu lesen. Die Stabstelle Integration hat vor kurzem ein Buch herausgebracht mit dem Titel „Beiträge zur Migrationsgeschichte“. Hörte sich sehr interessant an. Seltsam fand ich nur, dass ein Großteil des Buches sich mit Türken beschäftigte. Obwohl die Stadt hier schön bunt ist. Es gibt auch Bewohner mit anderen Migrationshintergründen. Aber anscheinend haben ja überwiegend die Türken ein Integrationsproblem. Das ist jedoch ein Thema für sich und darüber möchte ich mich auch nicht weiter aufregen, zumindest jetzt nicht…

Wie gesagt, ich hab es mir gerade gemütlich gemacht, paar Seiten gelesen, da fing auch schon eine interessante Dokumentation an. „Durstiger Planet“. Kann ich jedem nur empfehlen. Wie der Name es schon vermuten lässt, geht es um Trinkwasser.

Unglaubliche Bilder und Zahlen – aus Afrika und Asien. Vor einiger Zeit gab es wohl sogar in Barcelona eine Wasserverknappung.

Familien in den armen Gegenden Afrikas trinken das verschmutze Wasser, das sie finden können… andere Familien bzw. Stämme kämpfen um Wasser. Man tötet sich gegenseitig für ein paar Liter Wasser. Seltsam, oder? Ein Land, das so reich an Bodenschätzen ist, kann sich selbst nicht tragen. Andere, die dort Gold, wertvolle Steine und andere Sachen abbauen, leben glücklich und wohlhabend…

Diese Menschen können sich so wenig leisten. Sogar einfache Filtersysteme, die es hier in jedem Laden zu kaufen gibt, können sich diese Menschen nicht leisten. So müssen die Eltern Angst um ihre Kinder haben, dass diese krank werden und unteranderem Durchfall bekommen könnten. Dieser führt dazu, dass diese Kinder extrem schnell dehydrieren. Wenig Wasser zum Trinken und viel Wasserverlust durch die Krankheit. Wenn die Kinder krank werden, muss ein Familienteil eventuell sogar zu Hause bleiben, um die Kinder zu pflegen. Das wiederum heißt weniger Einkommen. Noch weniger, als sie ohnehin schon bekommen. Ein Teufelskreis. In der Dokumentation wurden Mütter gezeigt, die Angst haben. In den Augen der Mütter konnte man die Angst um ihre Kinder sehen. Da wird einem wirklich seltsam zumute.

Weniger spekulieren, mehr zusammen arbeiten!

Ich fing an, nachzudenken. Wir, also diejenigen, denen es gut geht, könnten mit wenig viel erreichen. Aber nur gemeinsam. Gemeinsam sich für etwas stark machen. Dieses gemeinsame Arbeiten verbindet. Man teilt die gleichen Ziele und arbeitet gemeinsam für etwas.

Da fiel mir etwas ein… könnte man so etwas nicht in Form eines Projektes starten? Aber im Rahmen eines Integrationsprojektes. Überlegen Sie mal, verschiedene Menschen, aus verschiedenen Kreisen, Kulturen, mit unterschiedlichsten Herkunftsgeschichten setzen sich gemeinsam ein Ziel. Sie arbeiten Konzepte bzw. Ideen aus und setzen sie gemeinsam um. Das gemeinsame Ziel ist hier, anderen zu helfen, denen es viel schlechter geht. Könnte so etwas nicht dazu führen, dass die unterschiedlichsten Menschen hier zusammen kommen können und diese leidigen angeblichen Integrationsprobleme zur Seite schieben?

Ich nenne es bewusst als „angebliche Integrationsprobleme“. In meinen Augen sind es eher andere Probleme. Meine Großeltern haben hier schon gelebt. Haben wie alle anderen gearbeitet, haben ihre Steuern bezahlt, haben sich genauso wie die anderen an Gesetze und Regeln gehalten. Sie konnten sich mit ihren Nachbarn verständigen und auch beim Bäcker ihre Brötchen kaufen. Meine Eltern genauso. Und ich, ich bin hier geboren, habe hier meinen Abschluss gemacht, habe nun hier einen Job, zahle genauso meine Steuern und habe sämtliche Pflichten wie jeder andere auch. Ich denke, dass eine Integration schon da ist. Ich denke, dass es überwiegend kulturelle Probleme gibt, weil man einander nach über 50 Jahren immer noch nicht kennt.

Der Ausländer, das unbekannte Wesen

Das glauben sie nicht? Vor kurzem hatte ich meine Verlobung. Ein Arbeitskollege fragte mich tatsächlich, ob es eine arrangierte Ehe wäre und meine Zukünftige aus der Türkei kommen würde. Ich mag meine Kollegen wirklich sehr, aber das zeigte mir wieder mal, dass viele Menschen (wenn überhaupt) sich nur über gewisse Medien berieseln lassen. Der Kollege hat den höchsten Abschluss, den man hier in Deutschland machen kann. Er hat seinen Doktortitel in Chemie. Ist ein helles Köpfchen. Aber das hat anscheinend nichts zu bedeuten. Bei so einem akademischen Werdegang lernt man auch zu recherchieren. Aber es muss auch einen Antrieb dafür geben. Wenn man kein Interesse hat, wieso sollte man sich dann informieren?

Vielleicht lag es aber auch daran, dass er relativ wenig mit Ausländern zu tun hatte. Schauen wir uns doch mal sein Profil an: Jahrgang 82, kommt aus einer gut bürgerlichen Familie, war in der Schule immer erfolgreich, hat nach seinem Abi angefangen, Chemie zu studieren.

Ok, ich selbst habe Chemie studiert und ich kann es nur bestätigen, dass wirklich nicht viele Ausländer ein naturwissenschaftliches Fach studieren. Zumindest aus unserem Jahrgang waren es wenige. Wie es jetzt ist, weiß ich nicht. In meinem Abi-Jahrgang war ich der einzige Türke, sogar der einzige Ausländer überhaupt in meiner Stufe. Vielleicht war es bei ihm genauso. Also so gut wie kein Kontakt mit Ausländern in der Schule und somit eventuell auch nicht im Freundeskreis. Der Kollege hat ein wirklich sehr interessantes Hobby. Er klettert mit einer Gruppe von Gleichgesinnten in Höhlen und sie kartografieren sie.

Wenn ich damals zu meinem Vater gesagt hätte „Baba, ich möchte in Höhlen klettern“, kann ich mir gar nicht vorstellen, wie er reagiert hätte. Ob er erst gelacht und mir dann einiges aufgezählt hätte oder umgekehrt? Worauf ich hinaus will: Ich selbst kenne keinen Türken und auch keinen Ausländer hier in Deutschland, der in Höhlen klettert. Ich kenne zwar den ein oder anderen Wanderer und auch Bergsteiger. Aber keinen Höhlenmenschen…

Kommen wir zurück zum Thema, also auch in seinem privaten Umfeld hat er wenig mit Ausländern zu tun. Kein Wunder also, dass er sich wenig mit seinen Mitbürgern auskennt. Tja, ich kann ihm also so eine Frage nicht mal übel nehmen. Auf keinen Fall. Im Gegenteil, ich hab mich gefreut, dass er Interesse zeigte und immer noch zeigt und mir einige Fragen stellt.

Der Weg ist das Ziel

Es gibt vielleicht einfach zu wenige Berührungspunkte. Ich kenne viele Ausländer, die wirklich sehr hilfsbereit sind, genauso auch meine nicht ausländischen Freunde. Furchtbares Wort. Aber ich kann hier schlecht deutsche Freunde sagen. Sehr viele haben die deutsche Staatsangehörigkeit und somit sind sie rechtlich gesehen Deutsche. Aber ich denke mal, sie wissen, worauf ich hinaus will. Also wieso sollte man das nicht nutzen und sich gemeinsam hinsetzen, den Kopf darüber zerbrechen, wie man anderen helfen kann. Es muss ja kein Projekt für Afrika sein.

Gemeinsam sich für andere stark machen und helfen. Wie heißt es so schön? „Der Weg ist das Ziel“. Auf dem Weg zum Ziel, anderen zu helfen, könnten wir uns doch besser kennenlernen. Nicht über irgendwelche Klatschmedien. Sondern persönlich.

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Wurde 1982 in der schönen Stadt Bielefeld geboren, als Sohn eines Fabrikarbeiters, der damals nach Deutschland als Tourist gekommen war, die Mutter kennen gelernt hatte und sich dazu entschloss, gleich hier zu bleiben. Zunächst besuchte er die Realschule, anschließend absolvierte er erfolgreich sein Abitur und in weiterer Folge ging es direkt an die Hochschule in Niederrhein Krefeld. Dort machte er seinen Abschluss als Dipl. Chemieingenieur und arbeitet derzeit im schwäbischen Raum für ein Chemieunternehmen.

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