Eine Null-Komma-Partei als letzte Hoffnung der „erpressbaren Deutschen“ gegen die Scharia 

Der Wahlkampf zu den bald stattfindenden Landtagswahlen in Niedersachsen ist für die Bürger, allen parteipolitischen Symbolhandlungen zum Trotz, kaum wahrnehmbar. Natürlich hängen Plakate (von Leuten, die man nicht immer kennt) mit Versprechungen, die, je nach Bedürfnis, den Wähler locken sollen, am 20. Januar gerade hier oder dort ihr Kreuzchen zu machen.

Die besten Chancen, bei dieser ersten Landtagswahl im Superwahljahr einen Erfolg zu verbuchen, haben SPD und Grüne, die vor allem vom Umfragetief der FDP profitieren – dem aktuellen Koalitionspartner der CDU unter Ministerpräsident David McAllister. Der erfreut sich zwar als Landesvater hoher Popularität, kann ohne die FDP allerdings nicht regieren. Bei den Kleinen treten auch zwei islamfeindliche, extrem rechte Gruppierungen an. Während das hinsichtlich der NPD, die in ihren Wahlaussagen und sozialpolitischen Versprechungen übrigens diesmal vor allem mit der Linken konkurriert, jedem klar sein dürfte, muss man bei der Partei DIE FREIHEIT schon genauer hinsehen.

Die Partei, die den niederländischen Islamhasser Geert Wilders zum Vorbild hat und im Flächenland Niedersachsen nur über 180 Mitglieder verfügt, dürfte zwar für keine große Überraschung sorgen. Allerdings sollten sich die Wähler auch nicht überraschen lassen, wen sie da wählen und womöglich zu einer steuerfinanzierten Alimentierung verhelfen. Auf den ersten Blick stellt sich DIE FREIHEIT als „bürgerorientierte Partei“ dar, der es vor allem darum ginge, die Mitbestimmung der Bürger durch Volksbefragungen zu erhöhen. Dies bringt etwa auch der Radiospot zum Ausdruck, der vor allem Nichtwähler ansprechen soll. Im Wahlprogramm reiht die Partei vor allem Allgemeinplätze aneinander. So fordert man zum Beispiel eine „Dezentralisierung des Gesundheitssystems“ (ohne allerdings zu erklären, wie das genau gemeint ist) oder man positioniert sich gegen ein Atommüllendlager in Niedersachsen. Das ist auch nicht sehr originell.

Eindimensionaler Blickwinkel auf die Sozialsysteme

Auf den zweiten Blick erkennt man aber sehr schnell, dass es sich um eine klassisch nationalistische Partei handelt. Da fordert DIE FREIHEIT, dass Empfänger von sozialen Transferleistungen praktisch zum Arbeitsdienst gezwungen werden sollen. Dabei wird aber auch nach klassischem NPD-Muster Stimmung gegen Zuwanderer geschürt. Denn diese seien für den „drohenden Zusammenbruch unserer Sozialsysteme“ an erster Stelle verantwortlich.  Ganz bewusst wird das Problem von Sozialstaat und Bezahlbarkeit drastisch vereinfacht: Denn es sind tatsächlich nicht die Zuwanderer, die, wie suggeriert, ganz allein das Sozialsystem belasten. Vielmehr hat sich allgemein ein System entwickelt, in dem der Staat immer mehr Aufgaben der Bürger übernimmt und die Bürger immer mehr Leistungen vom Staat erwarten. Das kostet Geld. Man muss also, wenn man den Kollaps des Sozialstaates analysieren will, alle Komponenten dieses Problems in Betracht ziehen. In dieser Einseitigkeit schürt die FREIHEIT schlichtweg nur Ressentiments.

In Rechtsstaatsfragen gibt sich die FREIHEIT gar nicht freiheitlich, sondern fordert „Null-Toleranz“ (ganz so, als würde das Rechtssystem zurzeit Rechtsbruch tolerieren) und fügt dann völlig unverbunden an, man lehne die „Einstellung in den Polizeidienst auch ohne die deutsche Staatsangehörigkeit sowie Quoten für Migranten“ ab. Nun kann man staatlich geregelten Quoten tatsächlich mit guten Gründen skeptisch gegenüberstehen. Trotzdem muss natürlich auch die Polizei einen gesellschaftlichen Querschnitt abbilden. Warum darin keine Migranten vorkommen dürfen, bleibt das Geheimnis der FREIHEIT. Natürlich lehnt DIE FREIHEIT auch doppelte Staatsbürgerschaften ab, obwohl diese auch in früheren Zeiten historisch keine Probleme bereitet haben.

Die alte Leier vom viktimisierten Deutschland

Man beteuert:

„Bei uns gibt es keine Nazis. Keiner will Konzentrationslager, keiner will Nachbarländer militärisch überfallen, keiner die Ostgebiete zurück. Wir singen nicht das Horst-Wessel-Lied, auch nicht heimlich und zuhause.“

Und doch bedient man sich gleichzeitig der klassischen NPD-Rhetorik:

„Schluss mit problemverschleiernden, rührseligen Parolen wie „kein Mensch ist illegal“ (etliche handeln aber leider so), ,Weltoffenes Niedersachsen‘, ,Willkommenskultur‘, „kulturelle Bereicherung“, „Menschen, die hier leben wollen“ usw., die den durch die Osterweiterung hinzugekommenen und den restlichen armen Ländern der Welt nur eins vermitteln: ,Hier steht das Weltsozialamt. Die erpressbaren Deutschen werden, in Wechselwirkung mit der vorherrschenden EU-Ideologie, Eure Probleme beheben, worin sie auch bestehen mögen‘.“

Da wird kein verschwörungstheoretisches Klischee ausgelassen.

Schließlich macht die FREIHEIT antiislamische Stimmung. Islam bedeute Unterwerfung, heißt es auf der Internetpräsenz der niedersächsischen Landespartei. Unter Punkt acht, ganz hinten, heißt es im Landeswahlprogramm:

„Die Übersetzung des Wortes ,ISLAM‘ bedeutet: Unterwerfung, wörtlich ,untertänig, unterwürfig, ergeben‘. Es mag Bürger und Bürgerinnen geben, die diese Unterwerfung akzeptieren. Aber wir wollen das nicht! Deshalb stehen wir auch kritisch gegenüber dem absoluten weltlichen Herrschaftsanspruch des Islam, der im Koran, dem heiligen Buch der Muslime, vertreten wird. Wir verwahren uns gegen diesen Herrschaftsanspruch, der mit unserer Verfassung und unserem demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbar ist. Der politische Islam und seine exponiertesten Vertreter – die Hassprediger – stehen für die Abschaffung unseres freiheitlichen Systems und wollen die Scharia einführen. Deshalb lehnen wir nicht die Muslime als unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, sondern den Islam als politische Ideologie ab.“

Der Islamhasser-Blog Nummer eins, PI-News, hält sich übrigens mit der Berichterstattung über DIE FREIHEIT auffällig zurück. Bis auf den Hinweis zur Zulassung und eine Art Spendenaufruf kam bisher nichts. Vermutlich traut man den Mannen um Spitzenkandidat Fabian Nagel nur wenig zu.

„Wir hassen nicht Dich, sondern nur einen prägenden Teil Deiner Persönlichkeit“

Vielleicht ist den PI-lern der Wahlkampf auch noch nicht extrem genug. Denn bei der FREIHEIT Niedersachsen gibt es vor allem Andeutungen und das altbekannte Spiel mit den Ängsten der Menschen. Zwar wird eingeräumt, dass man den einzelnen Muslim achte – das sieht ganz nach Taktik aus, um nicht als „ausländerfeindlich“ zu gelten. Die Religion jedoch wird pauschal als verbrecherisch verunglimpft. Lösungen für das friedliche Zusammenleben zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens werden noch nicht einmal ansatzweise erwähnt – erst recht nicht, was man sich unter Integration vorstellt.

All diese Dinge sollte man sich vergegenwärtigen, bevor man sein Kreuzchen bei der FREIHEIT macht, weil man sich etwa für direkte Demokratie ausspricht oder eine Lichtung des in der Tat irrsinnigen Schilderwaldes auf niedersächsischen Straßen herbeisehnt.

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Ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er studierte Deutsch, Geschichte und Politik in Göttingen und war acht Jahre lang Lehrer an einer Waldorfschule. Als Publizist und Politiker arbeitete er viele Jahre im extrem rechten Milieu. Im Juli 2012 stieg er aus dieser Szene aus. Seitdem engagiert sich Molau in Sachen Extremismusprävention bei Seminaren, Vorträgen und in Aufsätzen. Heute ist er selbstständig für das Textbüro dat medienhus tätig.

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