Bildquelle: Nuria Fatych / CC BY-NC-SA 4.0 / Flickr

Werden hochqualifizierte Personen mit Migrationshintergrund in der Jobbranche benachteiligt?

In einem Artikel der Zeitschrift „der Spiegel“ wurde eine Forschung zur Bewerber-Diskriminierung durchgeführt. Leo Kaas, Christian Manger und ihre Mitarbeiter, die Arbeitsmarktforscher an der Universität Konstanz, stellten Firmen per Online-Bewerbungen gut qualifizierte fiktive Studenten mit türkischem und deutschem Namen vor. Alle haben jeweils einen deutschen Pass, sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Der einzige Unterschied besteht an den Namen. Das Experiment sollte die Relevanz vom ethnischen Hintergrund für die Arbeitgeber herausstellen. Die Untersuchung stellte das folgende Ergebnis dar: „Selbst Stellenbewerber mit nahezu perfekten Referenzen werden in Deutschland bei der Jobsuche deutlich benachteiligt, wenn der Arbeitgeber türkische Herkunft vermutet.“1 Die Studie zeigt eine eindeutige Diskriminierung der Stellenbewerber wegen nicht- deutsch klingendem Namen. Die Arbeitgeber wissen die Qualifikationen und die Vorteile der Migranten nicht zu schätzen, obwohl sie in diesem Zusammenhang objektiv vorgehen sollten. Die Herkunft, das Aussehen oder die Religion sollte die Arbeitgeber nicht negativ beeinflussen. Bei einem Bewerbungsverfahren haben ausschließlich die akademischen Abschlüsse und der Durchschnitt einen besonderen Wert. Wie sich aber bei der Studie herausstellte, erhielten die türkischen Bewerber die meisten Absagen und im Extremfall bekamen sie sogar keine Antwort „28 Unternehmen gaben den Bewerbern mit deutschem Namen eine positive Rückmeldung, während sie dem vermeintlich türkischen Interessenten nicht einmal Absagten“. Erstaunlicherweise stellte man mehr Diskriminierung bei kleinen Firmen als bei großen Unternehmen fest. Die Ursache könnte an dem Leistungsinteresse der großen Unternehmen liegen. Sie halten wahrscheinlich mehr von den Qualifikationen der einzelnen Personen als von dem Aussehen oder ethnischem Hintergrund. Auch laufen an großen Unternehmen die Arbeiten unpersönlich ab.

Im Gegensatz dazu werden bei kleinen Unternehmen möglicherweise wegen den engeren Beziehungen unter den Mitarbeitern auf die persönlichen bzw. privaten Angaben der Bewerber geachtet.

Interessant wird es an dem Punkt, wenn die Doppelmoral zum Vorschein kommt. Die türkischen Bewerber haben zwar den gleichen Abschluss und dieselbe Qualifikation, aber nicht die gleichen Chancen. „Einen krassen Einzelfall berichtet Kaas von einer kleinen Firma: Sie sagte dem Bewerber mit dem türkischen Namen ab, mit der Begründung, die Stelle sei vergeben. »Am nächsten Tag erhielt der Student mit dem deutschen Namen eine Einladung zum Bewerbungsgespräch«.“

Ergebnisse dieser Untersuchung zeigten 14 Prozent weniger Antworten auf türkische Bewerber. „In kleineren Unternehmen war die Chance auf ein Vorstellungsgespräch sogar um 24 Prozent geringer.“2

Eine weitere Studie der OECD, bei der die Integration der Einwandererkinder in 16 Ländern untersucht wurde, belegt die schlechten Jobchancen von hochqualifizierten Migranten. Die Differenz zwischen den 20- bis 29- jährigen hochqualifizierten Männern ohne und mit Migrationshintergrund ist 9 Prozent. 90 Prozent der hochqualifizierten Einheimischen in Deutschland haben einen Job. Die Zahl beträgt bei den hochqualifizierten Männern mit Migrationshintergrund 81 Prozent. Demnach stelle Deutschland im Gegensatz zu der Schweiz schlechtere Chancen bei gleichem Bildungsstand dar, obwohl höhere Chancen für hochqualifizierte Migranten ein wichtiger Indikator für den Integrationserfolg sei.3

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Die Konsequenzen

Die Folgen von schlechten Beschäftigungschancen der hochqualifizierten Migranten sind für die deutsche Wirtschaft immens.

Aufgrund dieser Tatsache verlassen viele ausländische Akademiker Deutschland und wandern aus. Für viele Migranten ist die erste Adresse ihr Heimatland oder das Heimatland ihrer Eltern. Bezogen auf die größte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland, nämlich die Türken, ist das Ziel die Türkei. Hochqualifizierte Personen mit Migrationshintergrund erhalten deutlich mehr Absagen, als ihre gleichqualifizierten einheimischen Mitbürger. Dieser Grund ist der Auslöser für die Auswanderung. Die meisten hoffen dort auf einen besseren Arbeitsplatz. Eine OECD- Studie ergab, Akademiker mit Migrationshintergrund seien in Deutschland „fast dreimal so häufig Arbeitslos wie Akademiker ohne Migrationshintergrund (12,5 zu 4,4 Prozent).“8

Des Weiteren sind ausländische Abschlüsse in der Türkei sehr angesagt, was den Akademikern aus Deutschland dort hohe Beschäftigungschancen verspricht. Denn diese Personen sind meistens zweisprachig aufgewachsen und stellen für die Unternehmen in der Türkei einen großen Vorteil dar. Die Auswanderung dieser Personen hat jedoch schlechte Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft.

Mögliche Lösungen

Um dieses Problem vom Ursprung zu lösen, sollte man zuerst damit anfangen, die Vorurteile abzuschaffen. Auf der einen Seite müssten sich die Migranten um eine gute Integration kümmern. Das Engagement an Sport- und Kulturvereinen wäre beispielsweise der erste Schritt für eine erfolgreiche Integration in der deutschen Gesellschaft.

Auch das Bekanntmachen der eigenen Kultur könnte hilfreich sein, um Vorurteile abzuschaffen.

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Auf der anderen Seite sind die Migranten eine Realität in der deutschen Gesellschaft seit mehreren Jahrzehnten. Das Leben Miteinander statt Neben- oder sogar Gegeneinander wird nicht nur das Beschäftigungsproblem, sondern auch viele andere Probleme lösen.

Eine erfolgreiche Integration entsteht nicht nur durch das Bemühen von Minderheiten, sondern auch durch eine Akzeptanz der Mehrheitsgesellschaft mit gutem Willen.

Eine weitere Lösung ist, bezogen auf die Benachteiligung ausländischer Bewerber an Unternehmen, die Einführung von Bewerbungen und Lebensläufe ohne persönliche Daten. In vielen europäischen Ländern werden schon anonymisierte Lebensläufe bevorzugt.10 So werden Absagen aufgrund Aussehens, Geschlecht, Herkunft oder Religion vermieden und nur die Qualifikation wäre relevant für die Entscheidung.

Bei den Stellenanzeigen der „taz“ wurde am 3. Februar 2010 eine Volontariatsstelle angeboten. Die von der taz Panterstiftung finanzierte taz- Volontariatsstelle galt nur für eine Frau mit Migrationsgeschichte. Es gab weder Altersbeschränkungen, noch waren spezifische Berufsabschlüsse für die Stelle relevant. Für die Stellenanbieter war nur soziales Engagement, Lebenserfahrung, Interesse an Qualitätsjournalismus und sehr gute Deutschkenntnisse wichtig. Dieses Angebot ist wichtig und bemerkenswert. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Lebenserfahrung der Migranten einen hohen Wert für die Stellenanbieter hat.

Fazit

Einerseits reichen die genannten Beispiele der Überzeugung, dass hochqualifizierte Migranten benachteiligt werden. Diese These wird zudem durch Studien unterstützt. Viele Personen wurden benachteiligt und infolgedessen wandern sie in andere Länder aus. Sie haben die Diskriminierung in Deutschland persönlich erlebt.

Diese Tatsache stellt meiner Meinung nach auch die Mängel der Integrations- und Migrationspolitik in Deutschland dar. Eine jahrzehntelange Einwanderungsgeschichte zu ignorieren ist keine erfolgreiche Migrationspolitik. Um ein Problem lösen zu können, muss man es zuerst akzeptieren. Solange man sich nicht mit der Frage beschäftigt, warum keine erfolgreiche Integration stattfindet, wird man die Ursachen nie herausfinden können.

Die Ausländerpolitik wurde nie vereinfacht. Sie wurde sogar im Vergleich zu den letzten Jahren umso mehr erschwert. Als Beispiel ist hier die doppelte Staatsbürgerschaft zu erwähnen. Bis zum Jahre 2000 war diese noch in Deutschland erlaubt. Gleichzeitig wurde durch das Aufheben dieses Rechtes der Übergang in die deutsche Staatsbürgerschaft (z.B. durch Sprachtests) erschwert.

Die Mehrheit der deutschen Gesellschaft bevorzugt es, für sich selbst zu leben. Ihre familiären oder auch gesellschaftlichen Beziehungen unter sich sind nicht so intensiv wie bei den Ausländern. Sie sind meistens distanziert zu anderen Menschen. Diese Einstellung führt zur Einschüchterung der Ausländer. Durch diese Distanz entsteht auch eine vielleicht unbeabsichtigte Intoleranz der deutschen Mitbürger.

„Toleranz verlangt nicht danach Unstimmigkeiten und Widersprüche zu verschleiern. Im Gegenteil, sie fordert, die Unmöglichkeit eines umfassenden einheitlichen Denkens anzuerkennen und darum fremde und gegensätzliche Ansichten ohne Hass und Feindschaft zur Kenntnis zu nehmen.“ (Lew Sinowjewitsch Kopelew)

Trotz alldem sollten sich Migranten bemühen, am deutschen Sozialleben teilzunehmen, indem sie sich in Vereinen, Parteien und an Veranstaltungen engagieren. Der größte Anteil der Verantwortung hierbei gehört aber der deutschen Gesellschaft, nämlich den Gastgebern.

Schließlich sind Migranten Gäste in Deutschland. Sie stehen vor der Tür. Solange sie nicht hereingebeten werden, werden sie noch lange Zeit vor der Tür stehen bleiben.

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