Wer sich auf dem „rechten Pfad“ wähnt, der will nicht selten andere von seinem Heil überzeugen. Bei PI-News wähnt man sich dort und bekämpft mit missionarischem Eifer seine „Feinde“. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sei so ein „Feind“, nach PI-News ist er sogar nichts Geringeres als der „oberste Islamkuschler der Republik“. Der „Beweis“ für das „ängstliche Unterordnen“ vor dem Islam folgt auf dem Fuße: Indem Polenz die „Identitäre Bewegung Deutschland“ als rechtsradikal bewerte, weise er sich als „oberster Islamkuschler“ aus. Ein logischer Zusammenhang fehlt hier zwar, aber immerhin zitiert PI Polenz, der auf seiner Facebookseite schreibt:
„Es ist im Sinn des deutschen Volkes, die neuen, rechtsradikalen Bewegungen wie die sog. ,Identitäre Bewegung Deutschland‘ politisch zu bekämpfen. ,Identitär‘ steht hier gleichbedeutend für ,ethnisch deutsch‘. Und ja: als Abgeordneter kümmere ich mich um alle Menschen, die in Deutschland leben. Auch um die Deutschen, deren Vorfahren aus der Türkei stammen.“
Dass im Zusammenhang mit dem Umgang politisch Andersdenkender ständig das Wort „bekämpfen“ vorkommen muss, ist freilich fatal. Man kann das „Falsche“ nicht aus der Welt schaffen, indem man es bekämpft. Druck erzeugt Gegendruck; Gewalt, Gegengewalt. So erscheinen die Reaktionen von PI-News und der Identitären Bewegung nur als Spiegelbild der jeweiligen martialischen Wortwahl. Hätte es nicht gereicht, wenn Polenz gesagt hätte: „Als Abgeordneter kümmere ich mich um alle Menschen, die in Deutschland leben“? Das ist ein gleichermaßen zutreffender wie wichtiger Einwand. Denn die Frage, ob man das anders handhaben könne, müsste auch die Identitäre Bewegung Deutschland beantworten. Ist man dort etwa der Meinung, die Politik habe sich nur um die „ethnisch Deutschen“ zu kümmern, also diejenigen, deren Eltern oder Großeltern bereits Deutsche waren? Was ist mit solchen, deren Urgroßeltern Polen waren?
„Identitäres“ Selbstgespräch
Aber Polenz fragt die Identitären nichts und die antworten nun ihrerseits nicht, sondern stellen selbst Fragen:
„Doch kann das, was heute passiert, im Sinne des deutschen Volkes sein? Ist die Abschaffung unserer nationalen Souveränität und unserer ethnokulturellen Identität, das was wir wollen? Will Deutschland einstimmig die Islamisierung, Masseneinwanderung und EU-Bürokratur, die es zerstören?“
Natürlich sind das lediglich Suggestivfragen, die die Identitären freundlicherweise gleich selbst beantworten (orthografische, syntaktische und grammatikalische Fehler wurden von der DIB-Redaktion beibehalten – wir wollen ja den selbsternannten Deutschesten aller Deutschen nicht vorschreiben, wie pfleglich sie mit ihrer eigenen Sprache umzugehen haben):
„NEIN! Wir wollen eine echte deutsche Demokratie, die ohne den Deutschen nicht funktioniert.
Entgegen aller multikultureller ,Menschheits‘-Utopien, zersetzt die (mehrheitlich islamische) Masseneinwanderung unsere Demokratie. Die ,ethnische Wahl‘ zerstört die deutsche Demokratie und damit unsere Selbstbestimmung. Fremde, unintegrierte Parallelgesellschaften wählen einheitlich für Parteien die zuwanderungs- und islamfreundlich sind. Das verstärkt eine Entwicklung an deren Ende die Deutschen das Selbstbestimmungsrecht über ihre Zukunft verloren haben und die Demokratie quasi abgeschafft ist. Viele Totalitäre Systeme kamen demokratisch an die Macht und eines, nicht allzu fernen, Tages kann es in einigen Gegenden Deutschlands eine demokratische Mehrheit für die Scharia geben!
Der CDU-Politiker Polenz ist in dieser Entwicklung ein Kollaborateur und wir Identitäre werden ihn als solchen anprangern! Keine Stimme mehr für diese CDU! Alle anständigen Deutschen in die IB zum demokratischen Widerstand! Liken und Teilen!“
Ob nun rechtsradikal oder was auch immer: Vor allem nimmt sich das angebliche intellektuelle Sturmgeschütz der Neuen Rechten ziemlich krude aus. Da stellt sich etwa die Frage, wie man eine „ethnokulturelle Identität“ überhaupt „abschaffen“ kann. Wenn man davon ausgeht, dass die Identitären mit „ethnokultureller Identität“ eine Kultur meinen, die durch die Generationen vor uns geformt worden ist, so muss man antworten: Diese Identität kann nicht abgeschafft werden. Vielmehr ist es möglich, dass kulturelle Traditionen aussterben, weil sie niemand mehr lebt. Wo, so fragt man sich, ist denn überdies der Beitrag der Identitären zu dieser „ethnokulturellen Identität“? Wenn von der angeblichen „Islamisierung“ die Rede ist, so kann nur ganz konkret geantwortet werden: Ich persönlich habe noch keinen Missionierungsversuch erlebt. Ist es bei den Identitären anders? Das Abrutschen ins Allgemeine ist in der Regel ein Vertuschungsversuch. Und das ist hier nicht anders.
Was außer Angst und Hass hat man anzubieten?
Was soll überhaupt eine „echte deutsche Demokratie“ sein (das klingt nach „germanischer Freiheit“ und das, obwohl die Identitären sich angeblich vom historischen NS abgrenzen wollen)? Selbstbestimmung wird doch nicht dadurch abgeschafft, dass Menschen mit fremden kulturellen oder ethnischen Wurzeln über Fragen der Wirtschafts- oder Umweltpolitik usw. mitentscheiden. An welcher Stelle, fragt man sich, sehen die Identitären denn, dass die Politik in Deutschland von der Scharia bestimmt werden könnte? Die Kassandrarufe haben etwas von dem Kinderspiel „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann“. „Eines nicht allzu fernen Tages“, orakeln die Identitären, könnte es in einigen Gegenden (!) Deutschlands eine demokratische Mehrheit für die Scharia geben.
Aus der Angst vor Identitätsverlust (die wahrscheinlich mehr die eigenen Defizite markiert) wird ein wildes Um-Sich-Schlagen. Polenz sei ein „Kollaborateur“. Die Identitären, die natürlich die „Anständigen“ repräsentierten, würden ihn, wann immer sie können, „anprangern“. Der eigene Widerstand sei der „demokratische Widerstand“. Meinen die Identitären, dass man so einen gesellschaftlichen Dialog über für sie essenzielle Fragen beginnt? Oder wollen sie gar keinen Dialog und eine Problemlösung? Tatsächlich gibt es in unserer Gesellschaft mannigfache Demokratiedefizite. Was die allerdings mit dem Islam zu tun haben sollen, müssten die Identitären schon einmal genauer erklären. Ebenso würde man sich eine nähere Erklärung darüber wünschen, welche Modelle und Zielvorstellungen die Identitäre Bewegung für „unintegrierte Parallelgesellschaften“ hat. Denkt man an eine Zwangsgermanisierung oder Christianisierung? Wie viel Identitäts-Mehrwert hätte man, wenn man die IB-Seite oder ihre Beiträge „liket“ oder teilt? Die IB mag die CDU bekämpfen. Fragen zur Identität beantwortet weder sie noch PI-News.
Im nächsten Fokus soll u.a. das Versteckspiel der Partei „Die Freiheit“ im niedersächsischen Landtagswahlkampf dokumentiert werden. Aber natürlich werden auch andere, aktuelle Entwicklungen des Antiislamismus unter die Lupe genommen werden.
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