Matthias Kling / Flickr.com
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Wer als guter Deutscher besonders fortschrittlich sein möchte, fährt gut damit, Schweden als Vorbild zu benennen. Die Leidenschaft bleibt aber oft einseitig.

„Schweden – Deutschland, eine komplizierte Beziehung“, so überschreibt die deutsche Redaktion des Schwedischen Hörfunks eine ihrer Online-Themensammlungen. Wer diese zunächst vielleicht erstaunlich anmutende Einschätzung verstehen will, sollte ein Blick darauf werfen, wie Deutsche und Schweden übereinander denken.

Das Schwedische Institut (SI) untersucht im Auftrag der Regierung seit 2007 das Schwedenbild im Ausland und bedient sich dafür verschiedener internationaler Studien und Befragungen. Von 25 untersuchten Ländern weltweit, so zeigte sich, haben die Deutschen insgesamt das positivste Bild von Schweden und wissen am besten über das skandinavische Land Bescheid. Sie lieben schwedische Produkte, schätzen das Land und seine Natur nicht nur als Urlaubsziel, sondern auch als attraktiven alternativen Lebens- und Arbeitsort. Es sei ein Land, das kompetent und ehrlich regiert würde und seine Bürger akzeptiere.

„Summa summarum ist Schweden noch immer ein Vorbild für Deutschland“,

heißt es in der Zusammenfassung des SI, auch wenn negative Schlagzeilen zugenommen hätten. (siehe auch Bericht auf SR)

Über wissenschaftliche Studien hinaus zeigen auch andere Beobachtungen, wie sehr sich Deutsche in Richtung Schweden gezogen fühlen. Dem schwedischen Statistikamt (SCB) zufolge sind es die Deutschen, die nach den Dänen die meisten Ferienhäuser in Schweden besitzen. Allein zwei deutsche Zeitschriften („Norr“ und „Nordis“) widmen sich den skandinavischen Ländern. Es gibt den Begriff „Bullerbü-Syndrom“ als Ausdruck für die Klischeeverliebtheit der Deutschen, wenn es um Schweden geht, vielleicht wird diese auch genährt durch beliebte Bücher schwedischer Autoren (neben Astrid Lindgrens Kinderbücher nun v.a. die Krimis von Henning Mankell und Stig Larsson) oder ABBA- bzw. „Mamma Mia“-Seligkeit.

Ein ähnliches Institut wie das SI gibt es laut Auswärtigem Amt in Deutschland nicht – am ehesten sind es die Goethe-Institute, die Deutschland weltweit präsentieren. Wer wissen möchte, wie Schweden über Deutschland und die Deutschen denken, muss selbst auf die Vielzahl der Studien zum Thema Länderimage ausweichen, z.B. den Nation Brands Index. Dort zeigt sich für 2009 u.a., dass Schweden Deutsche nicht ganz so positiv einschätzen wie andersherum. Als Reiseland steht Deutschland auf Platz 18 von 50 Ländern. Das ist umgekehrt nicht anders. Immerhin haben jedoch deutsche Produkte und die deutsche Kultur eine recht angesehene Stellung.

Weiterhin lässt sich das Deutschlandbild in Schweden noch gut an der medialen Berichterstattung ablesen, z.B. aus Anlass der Göteborger Buchmesse. Dort war im Herbst 2011 Literatur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Schwerpunktthema. Der schwedische Hörfunk berichtete in diesem Zusammenhang über das anhaltend schlechte Image der Deutschen in Schweden, immer noch maßgeblich verbunden mit Adolf Hitler und dem Zweiten Weltkrieg. In den gleichen Zeitraum fiel eine Untersuchung von schwedischer Lehrergewerkschaft und Wirtschaftsverband: Deutsch als zweite Fremdsprache sei für schwedische Schüler nicht mehr interessant. Weil auch dafür ein negatives Deutschlandbild die Ursache sein könnte, will das Goethe-Institut in Stockholm gegensteuern (dazu eigener Bericht auf DRadio Wissen). Deutschlands Liebe für Schweden stößt also auf nicht ganz so viel Gegenliebe.

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Seit 2008 freie Journalistin und Medienpädagogin für Hörfunk, Print- und Onlinemedien. Studierte in Augsburg und Leipzig, mit Arbeits- und Praktikumsaufenthalten in Kanada, Frankreich und Irland. Lebt und arbeitet seit 2011 in Schweden. Als Journalistin interessiert sie sich v.a. für soziale, religiöse und Bildungsthemen - sowie für Aspekte des Lebens zwischen verschiedenen Kulturen.

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