Und wenn Du den Eindruck hast, dass das Leben ein Theater ist, dann such dir eine Rolle aus, die dir so richtig Spaß macht. (William Shakespeare)
Aus diesem Standpunkt möchte ich berichten und zusammenfassen, was ich letzten Freitag auf der Bühne des Kulturhauses von der Stadt Lüdenscheid sah. Nicht nur sah, sondern, was ich mit nach Hause trug. In Gedanken und mit einem frischen Lächeln, mitten in meinem Gesicht.
Ich möchte vielleicht der Theatergruppe, mit dem Titel „ Halber Apfel“ auf diesem Weg danken. In meinem Namen und im Namen derer, die das Dankeschön als eine schöne Erinnerung, an einen schönen Abend, in ihrem Gedächtnis für sich behalten. Allen Theaterfreunden eine erfrischende Nachricht überreichen, dass es Menschen und Künstler gibt, die Gruppen gründen und ordentliche Stücke auf die Bühnen tragen. Dieser Nachwuchs an Künstlern wird unserer Gesellschaft unhinterfragt, gut tun. Diese Menschen nämlich sind die, die in der Lage sind, ihre Kräfte zu aktivieren und sich zu bewegen; in Richtung Fortschritt. Fortschritt und Kunst sind verwandte Begriffe. Was wäre die Literatur ohne Shakespeare, oder unser Deutschunterricht ohne Goethe, oder ohne Kafka. Die haben die Grundsteine für unsere Empfindungswelt gelegt, deshalb sind wir ihnen heute dankbar. Wir haben bemerkt und gefühlt. Diejenigen, die bemerken und gleichzeitig fühlen, berichten und teilen gerne. Zum einen das, was dem Auge zu Teil wird und zum anderen das, was dem Herzen.
Bemerkt haben wir, dass die Kunst eine durchaus erfolgreiche Brücke ist, war und bleibt, um Menschen aus den verschiedensten Kulturkreisen zusammenzuführen. Um ihnen zu zeigen, dass sie sich gegenseitig fremd bleiben, solange sie nicht gemeinsam lachen. Solange sie, nicht an einem Ort zusammenkommen, bleiben sie sich fremd, wollte vielleicht die kurze aber kräftige Aussage des Stückes „Stefanie integriert die Öztürks“ sein. In einem kurzen Nebensatz hier erwähnt.
Wir saßen in den Reihen eines großen und weit gefüllten Saales, buntgemischt nebeneinander. Im dunklen Saal waren keine Blicke zu fangen, dafür aber die Stimmen, der herzlich Lachenden. Wir haben gesehen, dass die Komödie eben nicht nur eine Komödie ist, bei der man über das eigene Bild auf der Bühne lacht, sondern auch, dass die Komödie die Motivation dafür sein kann, um mit dem Nachdenken zu beginnen. Am Ende liefert das Spiel genügend Stoff, um zu überlegen, wo die Probleme ihren möglichen Ursprung haben. Da haben wir gefühlt. Über die Probleme sprechen hierzulande viele, was jedoch mit den Ursachen ist, bleibt immer wieder im Hintergrund, im Themenbereich der Soziologen. Die Soziologie und die Wissenschaft, ist uns allen dann manchmal zu fremd.
An diesem Punkt ist das Stück eine Frage, die Antwort wieder das Stück selber. Die Frage ist keine komplizierte, sondern eine einfache:
„Weißt Du Stefanie…?“ mit dieser Frage beginnt die Geschichte Ali Öztürks, im Namen vieler anderer Öztürks. Stefanie in der Lage zuzuhören. Stefanie; für eine Woche zu Besuch bei den Öztürks.
Wir, die Zuschauer haben gelacht bis, dass wir bemerkten, dass wir nicht mehr lachen konnten, da unsere Bauchmuskeln sich meldeten. Die Natürlichkeit der Schauspieler auf der Bühne, hat unseren natürlichen Instinkt des einfachen Lachens, sehr schnell erreicht. Wir haben uns nicht als Zuschauer mehr, sondern als Teile des aufgeführten, gut inszenierten und umgesetzten Stückes, gefühlt. Das sind wir auch, vermute ich gewesen. Zumindest sollten wir als deutsche oder türkische Zuschauer unsere Rolle in diesem Stück für ein paar Augenblicke definiert und zugeteilt wissen. Wo finde ich mich in dieser Geschichte? Wo bin ich da auf der Bühne? Ich persönlich meinte, von allem etwas zu sein, außer Vater Öztürk. Vater Öztürk nicht, aber teils Stefanie und teils Tochter Fatma…
Autor des Stückes ist Murat Işboğa. Er dient mit seinem letzten Werk „Stefanie integriert die Öztürks“ nicht nur seinen künstlerischen Begabungen alleine, sondern eher der Problematik der Integration, im Namen unserer Aller. Er übernimmt die Rolle des Ali Öztürks und spricht für die schweigende Minderheit; nämlich für die Migranten der ersten Generation. Er sagt gerade das, was lange aufgrund der Sprachlosigkeit verschwiegen wurde. Innerlich laut werdende Stimmen, finden in diesem Stück, Echo. Und das kommt an. Über die Brücke der Kunst können viele schweren Gedanken getragen werden, wenn die Kunst, eben als eine Kunst ist und diese zum Nutzen des gesellschaftlichen Miteinanders eingesetzt wird.
Der Künstler Murat Işboğa ist Student der Literatur- und Kulturwissenschaften, gleichzeitig Familienvater. Hinter ihm steht, natürlich eine starke Frau. Und diese Menschen, auch wenn viele nur oberflächlich auf diese Geschichte schauen, tragen diese schweren Gedanken über die Brücke. Gemeinsam sind sie stark! Gemeinsam sind wir stark. Und wenn sie auf der Bühne stehen, dürfen wir gemeinsam lachen. Genügend Gründe, um sich zu bedanken. Vor allem für die, die diese Väter gut kennen. Für die, wie mich und die, die ihre Herzen mit Empathie füllten, vor- während- und nach der Aufführung.
Das war die Grundvoraussetzung dafür, das Stück richtig zu interpretieren. An diesem Punkt ist es dem Talent des Künstlers alleine überlassen, den Zuschauer zum Lachen, aber auch zum Nachdenken zu bringen. Einfacher ist es, durch Worte oder Szenen, die Tränen aus den Menschen zu holen, denn in unseren Schmerzen und Trauerreaktionen, so stellte ich mal fest, ähneln wir uns in unseren Herzen sehr, wobei es nicht einfach herauszufinden ist, worüber wir gemeinsam lachen.
Der Szenarist hat es herausgefunden und uns noch einmal gezeigt:
Ja, wir können auch gemeinsam lachen. Ja wir können es schaffen! Wir können nebeneinander, in einem gut gefüllten Saal sitzen und über uns selbst lachen. Über uns selbst lachen. Eine Mitteilung an die Zuschauer, dass es funktioniert.
„Drückt auf den richtigen Knopf!“, habe ich diese Mitteilung als Notiz verfasst, um später darüber berichten zu können.
Die Tatsache, dass viele Menschen, aus verschiedenen Kulturkreisen immer wieder, wie auf Knopfdruck begannen zu lachen, spricht für den Erfolg der Gruppe und für den Autor des Stückes. Den Erfolg, den sie sich mit Sicherheit nicht aus der Luft geholt haben oder an einem Nikolaustag vor ihrer Tür, aus einem Stiefel als Überraschung vorgefunden haben. Die Freude und den Erfolg zu teilen, erinnert mich immer wieder an den berühmten Spruch, den ich hier gerne übernehme:
Erfolg hat viele Väter. Misserfolg ist ein Waisenkind.
Nein, wäre die Arbeit dieser Gruppe aus der Sicht der Vielen auch nur ein Misserfolg, so würde ich trotzdem über die Bemühung dieser Menschen berichten. Denn, wie ich täglich feststelle, bestimmt die Absicht den Weg. In diesem Fall, kann ich mich den vielen Zuschauern im Kulturhaus Lüdenscheid, vom vergangenen Freitag, mit meinem ganzen Herzen aschließen und sagen:
Weiterhin viel Erfolg! Es ist ein Erfolg. Die gute Absicht bestimmt den Weg, untermauert vom Talent und dem richtigen Einsatz des Talentes…diesen jungen Menschen, aus unserer Mitte möchte ich danken. Die gute Absicht beinhaltet folgendes zu zeigen:
„Leute, hört auf über komplizierte Wege zu versuchen, zueinander zu finden und hört auf komplizierte Sätze über die Integration zu bilden. Seid einfach Mensch und versucht mal gegenseitig hinter Eure Wände zu schauen! Tut es, denn lange Zeit haben wir daran verschwendet, wissenschaftliche und soziologische Begriffe zu erfinden und diese dann wieder zu definieren. “
Über die einzelnen Charaktere und den Inhalt des Stückes berichte ich absichtlich nicht detailliert. Denn ich empfehle, in der kommenden kurzen Zeit, das Stück “Stefanie integriert die Öztürks“ von der Gruppe „Theater Halber Apfel“ bei der nächsten Möglichkeit zu besuchen. In der kommenden kurzen Zeit, weil, der zweite Teil, so habe ich es erfahren, wird nämlich im neuen Jahr auf Touren, rund um Deutschland sein. Der erste Teil wird, vermute ich, dann die Einleitung des zweiten Teils übernehmen. Und eine Geschichte wird bekanntlich, dann eine gute, wenn die Einleitung eine gute ist. Ich empfehle daher, diese gute Einleitung nicht zu verpassen.
„Theater Halber Apfel“ gehört nicht den Gründern alleine, sondern auch unserer Gesellschaft. Den Menschen vor allem, die wissen wollen, was hinter der ganzen Debatte der Integration in Wirklichkeit steht. Insofern, füllt Murat Işboğa mit seiner Truppe, bestehend aus vielen motivierten und theatralisch begabten jungen Leuten, die er zusammentrommelte und dazu motivierte, Gesicht zu zeigen, eine wichtige Lücke. Wie geht Kunst und Theater mit dieser Thematik um?
Wir sollten den Erfolg dieser jungen Leute, als ein Geschenk sehen und dankend annehmen. Ihnen unsere Unterstützung in Wort und Tat zur Verfügung stellen. Unterstützt werden, sollte diese Gruppe, wie jede andere künstlerische Bemühung auch, von allen, die sich als Teil dieser Gesellschaft verantwortlich für ein besseres Miteinander fühlen. Den letzten Satz möchte ich unterstreichen: für ein besseres Miteinander. Das sind wir unserer Zukunft im Jetzt und Hier schuldig. Die Schulden zu bezahlen, müssen wir heute anfangen, durch unsere Taten. Denn, wenn wir dies heute übersehen, wie wir es mittlerweile schon fünfzig Jahre lang taten, dann werden unsere Enkel noch damit die Zeit verbringen, um komplizierte Antworten auf einfache Fragen zu produzieren. Hier muss ich das dort tätige Ideal Bildungszentrum erwähnen, die diese Organisation im Kulturhaus Lüdenscheid mitgestaltet hat. Bildung, Kunst und die Literatur wird unsere Welt mit neuen und menschlichen Gedanken füllen und lebenswerter machen.
Es war erfrischend über diesen Erfolg zu berichten. Es war erfrischend, anhand der vielen Zuschauer zu notieren, dass wir zusammenkommen können. Das Stück „ Stefanie integriert die Öztürks“ hat uns in das Wohnzimmer einer türkischen Familie eingeladen und Stefanie, unsere Freundin war auch dabei. Vielleicht denke ich mir, war dieses Wohnzimmer auf der Bühne, das Wohnzimmer unseres fremden Nachbars. Da waren wir alle, auf einmal bei unserem fremden Nachbarn. Wir haben gesehen, der Fremde ist nur solange ein Fremder, solange wir nicht unsere Türen dem Fremden öffnen und zeigen, wie ähnlich sich Menschen doch in ihrem Wesen sind.
Ich möchte zum Schluss allen Mitwirkenden der Theatergruppe „ Halber Apfel“ wünschen, um mich Shakespeare anzuschließen, dass sie und wir im Leben, das ja einem Theater ähnelt, wirklich die Rolle bekommen, die uns wirklich Spaß macht.
Rana Argan hat mit Spaß und wiederkehrendem Lächeln berichtet.
Hier zum Interview mit Murat Işboğa vor ein paar Monaten—>Interview