Es war so etwas von klar: Die Islamhasser von PI-News würden natürlich auch diesen Beitrag für sich vereinnahmen. Im Auslandsjournal vom 30. Januar wurde ein Film von Elmar Theveßen und Rainer Fromm gezeigt, der die Netzwerke der Salafisten in Europa zum Thema hatte. So etwas passt natürlich bestens in das Beuteschema des Antiislam-Blogs und wurde entsprechend auch flugs auf die Seite gesetzt. Die ZDF-Reporter berichteten über Videoaufnahmen aus London, wo es so genannte Schariastreifen von Salafisten geben soll, die versuchen würden, Stadtteile nach ihren Vorstellungen umzuwandeln: kein Alkohol auf den Straßen, keine Miniröcke oder Homosexuelle. In der Einleitung zum Video zitiert PI-News eine Aussage aus dem Fernsehbeitrag: Abdul Waleed, Mitglied der in Deutschland verbotenen Gruppe Milatu Ibrahim, ruft darin zur Zerstörung der westlichen Regierungen auf. Damit ist für PI wieder einmal bestätigt, was aus ihrer Sicht eigentlich gar nicht mehr bewiesen werden müsste, dass der Islam nämlich der Feind sei und alle Antiislamisten die wahren Retter des Abendlandes.

Fallweise wurden Zweifel an der Echtheit der Videos laut, von denen erstmals auf der rechtsgerichteten Seite „The Commentator“ die Rede war. Bemerkenswert ist auch, dass – wie man etwa auf facebook bemerken kann – nicht wenige fromme Christen hinter vorgehaltener Hand sogar klammheimliche Freude über das Treiben der vermeintlichen „muslimischen Bürgerwehren“ äußern. So viel an Reflexionsvermögen darf man jedoch zu allerletzt von der völkischen Abendmahlsgemeinde PI erwarten.

Und die Jünger, die diesem säkularen Glaubenssatz vom großen Bösen folgen, finden sich entsprechend rasch im Kommentarbereich zum Beitrag ein. Nomen est omen, fühlt man sich bei den Nicknames erinnert: Gleich zu Anfang erinnert „Kampf“ daran, dass man nun, nach dem sechsminütigen Bericht, keinen weiteren Beweis bräuchte. „Kampf“ muss noch nicht einmal sagen, was zu beweisen wäre. Die Glaubensgemeinde weiß es: Dass nämlich alle Muslime Schurken seien.

Ein anderer macht auf Sozialneid und fragt sich nach dem Bericht, warum „wir solche Typen noch durchfüttern“ – die Typen in London? Und wer füttert sie durch? Der PI-Schreiber? „West-Germane“ schwärmt, es geschähen noch Zeichen und Wunder, dass es so einen Bericht im ZDF gebe. „Maethor“ ist empört, und will sie einfach nur rausschmeißen? Wen? Muslime grundsätzlich? Oder alle Fremden? Die Gemeinde wird es wissen. Sehr erhellend ist auch „Mautpreller“, der ganz alte antisemitische Muster hervorkramt und sie auf die Muslime anwendet. Diese seien nämlich kulturell völlig unfruchtbar und hätten nichts vorzuweisen. Klassische Antisemiten haben das gleiche irrwitzigerweise von den Juden behauptet.

Es muss doch etwas an der Bildungskatastrophe dran sein, wenn solche Leute nichts von der Hochkultur der arabischen Räume gehört haben. Aber für Zwischentöne ist bei PI kein Platz, weshalb „Anthropos“ gleich zum Gegenschlag aufruft.

Leider bestätigt sich bei solch dumpfem Gegurgel, dass antiislamisch getarnte Rechtsextremisten in vielen Bereichen gerade das selbst verkörpern, was sie Salafisten immer zum Vorwurf machen. Ideologen beziehen ihre Erkenntnisse nicht nur nicht aus der Wirklichkeit und eigenen Anschauung – sie verweigern sogar den Blick auf das Geschehen selbst. Die Aufnahme des ZDF-Beitrages ist dafür ein trauriges Beispiel. Denn wenn die Antiislamisten einmal sechs Minuten aufmerksam zugeschaut hätten, dann hätten sie bemerkt, dass die muslimische Gemeinde in den betroffenen Stadtteilen die Aktionen der obskuren „Patrouillen“ kritisiert und eben gerade als nicht-islamisch charakterisiert hat.

Die bis hin zu Gewalttätigkeiten reichende Zuspitzung in den betroffenen Arealen richtet sich, das wird in dem Beitrag ganz klar gesagt, gegen alle Kulturen und Bevölkerungsgruppen. Auch gegen Muslime. Es ist erschreckend, dass PI-News trotzdem sein Hasssüppchen auf einem bestehenden Problem kocht, Angst sät und selbst nichts zur Klärung beiträgt. Einen klaren und guten Beitrag so selektiv zu betrachten, zeigt das unterirdische Niveau dieses Blogs, das aber, ganz so wie der Antisemitismus, offenbar trotzdem Menschen mobilisiert. So wie sich Möchtegern-Mujahideen in Europa eben auf der anderen Seite ebenso mobilisieren lassen.

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Ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er studierte Deutsch, Geschichte und Politik in Göttingen und war acht Jahre lang Lehrer an einer Waldorfschule. Als Publizist und Politiker arbeitete er viele Jahre im extrem rechten Milieu. Im Juli 2012 stieg er aus dieser Szene aus. Seitdem engagiert sich Molau in Sachen Extremismusprävention bei Seminaren, Vorträgen und in Aufsätzen. Heute ist er selbstständig für das Textbüro dat medienhus tätig.

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