Ah, der Erciyes – ein majestätischer Vulkan, der über Kayseri thront, als würde er sagen: „Ich war schon hier, bevor ihr angefangen habt, euch um eure kleinen Alltagsprobleme zu scheren.“ Mit seinen 3.917 Metern Höhe ist er nicht nur ein Naturwunder, sondern auch ein stiller Zeuge menschlicher Widersprüchlichkeit. Und am Fuße dieses Titanen? Die Yılkı Atları – wilde Pferde, die vermutlich mehr Freiheit kennen, als wir in unseren digitalen Käfigen je erleben werden.

Der Berg, der alles überblickt – auch unsere Schwächen

Der Erciyes ist der höchste Berg Zentralanatoliens und ein beliebtes Ziel für Skifahrer, Wanderer und Instagrammer, die ihre „natürliche Seite“ zeigen wollen, während sie in High-Tech-Skihosen posieren. Er ist ein stiller Gigant, der die vulkanische Vergangenheit der Region in jedem Stein und jedem Abhang trägt. Ironischerweise hat er mit seiner explosiven Geschichte die berühmten Tuffsteinlandschaften von Kappadokien geschaffen – heute ein Paradies für Heißluftballons und Touristen in komischen Hüten.

Doch der Erciyes ist mehr als nur eine Postkartenkulisse. Er symbolisiert die Zeitlosigkeit der Natur, die sich nicht darum kümmert, ob wir mit SUVs in die Berge fahren oder unsere CO₂-Fußabdrücke mit Alibi-Bäumen kaschieren. Während der Berg uns seine Pisten für teures Geld überlässt, fragt er sich wahrscheinlich, wie lange wir brauchen, um uns selbst aus dem Spiel zu nehmen. Spoiler: Nicht mehr lange.

Yılkı Atları: Die wahren Könige der Ebenen

Die Yılkı Atları, die wilden Pferde Anatoliens, sind die eigentlichen Helden dieser Geschichte. Sie sind Nachkommen von Arbeitspferden, die ihre Besitzer in die Freiheit entlassen haben, als sie sie nicht mehr „gebrauchen“ konnten. Eine brutale, aber ehrliche Metapher für eine Gesellschaft, die das Verwertbare ausnutzt und das Überflüssige entsorgt – egal ob es sich um Tiere oder Menschen handelt.

Doch diese Pferde haben sich angepasst. Sie haben gelernt, in der Wildnis zu überleben, und verkörpern damit eine Freiheit, von der wir nur träumen können, während wir uns in 9-to-5-Jobs quälen und Netflix-Binge-Watching als Abenteuer verkaufen. Die Yılkı Atları leben in Herden, galoppieren durch die weiten Ebenen am Fuß des Erciyes und erinnern uns daran, dass das Leben auch ohne WLAN auskommen kann. Schockierend, oder?

Natur trifft Kultur – und der Mensch steht im Weg

Die Region rund um den Erciyes und die Yılkı Atları ist ein Paradies für Naturliebhaber und Fotografen. Besonders das Dorf Hürmetçi ist ein Hotspot für diejenigen, die eine unberührte Natur erleben wollen. Aber Moment mal – wie lange bleibt sie noch unberührt? Mit jeder neuen Tourismusinitiative und jedem Instagram-Post kommen wir diesem Paradies gefährlich nahe.

Und während die Pferde sich ihrer Freiheit erfreuen, stehen wir daneben, machen Fotos und denken, wir seien Teil von etwas Größerem. Dabei sind wir oft die Zerstörer – nicht absichtlich, sondern durch unsere bloße Anwesenheit. Der Erciyes beobachtet uns dabei still und fragt sich, wie viele Selfies wir noch machen müssen, bevor wir uns wieder in unsere klimatisierten Hotels zurückziehen.

Die Ironie der Freiheit

Was uns der Erciyes und die Yılkı Atları letztlich zeigen, ist eine tiefe Ironie: Die Freiheit, die wir so sehr romantisieren, ist genau das, wovor wir Angst haben. Die Pferde leben ohne Besitz, ohne Verpflichtungen, ohne die Illusion von Kontrolle. Und wir? Wir sind Sklaven unserer eigenen Bedürfnisse, unserer Geräte, unserer Gesellschaft.

Vielleicht sollten wir öfter zum Erciyes hinaufblicken und uns fragen, ob wir nicht ein bisschen mehr wie die Yılkı Atları sein sollten – wilder, freier, echter. Aber wahrscheinlich scrollen wir stattdessen weiter durch unsere Feeds, bis wir das nächste Bild von ihnen finden.

Denn echte Freiheit ist schön, solange wir sie aus sicherer Entfernung betrachten können.

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Als Integrationsblogger gründete ich 2010 diesen Blog, inspiriert durch die Sarrazin-Debatte. Geboren 1977 in Dortmund als Kind türkischer Einwanderer, durchlebte ich vielfältige Rollen: vom neugierigen Sohn zum engagierten Schüler, Breakdancer, Kickboxer, Kaufmann bis hin zu Bildungsleiter und Familienvater von drei Töchtern. Dieser Blog ist mein persönliches Projekt, um Gedanken und Erlebnisse zu teilen, mit dem Ziel, gesellschaftliche Diversität widerzuspiegeln. Als "Integrationsblogger" biete ich Einblicke in Debatten aus meiner Perspektive. Jeder Beitrag lädt zum Dialog und gemeinsamen Wachsen ein. Ich ermutige euch, Teil dieser Austausch- und Inspirationsquelle zu werden. Eure Anregungen, Lob und Kritik bereichern den Blog. Viel Freude beim Lesen und Entdecken!

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