Dem Deutschsprechenden muss die Fremdsprache Schwedisch wie ein vertrauter Wald vorkommen, mit lauter Bäumen und Sträuchern, die er aus seiner Heimat kennt – so sehr ähneln einander die beiden germanischen Sprachen. Doch im leicht zu durchwandernden Sprachwald der Schweden verstecken sich auch kleine Sprachfallen zum Hineintappen und Steckenbleiben. Es heißt nämlich, dass Schweden Ausländern sprachliche Fehler gerne nachsehen, also sie nicht verbessern.
Hier ein paar Beispiele für typische Sprachfallen: Wo „100 {29198b972399c81ed5054510dfa220ef2abbd08e78f3050c7d7070df681d4040} gott“ draufsteht, gesehen vor ein paar Jahren in Malmö, steckt nicht automatisch etwas Religiöses dahinter, sondern in diesem Fall zu 100 Prozent eine Dönerbude, deren Gerichte laut Eigenwerbung richtig „gut“ sind. Es ist auch nicht ratsam, ein deutsches Wort einfach durch das schwedische Infinitivanhängsel –a (oder –as, wie Kurt Tucholsky in seinem „Schloss Gripsholm“ beschrieb) in ein Schwedisches zu verwandeln. Es könnte zwar verstanden werden, muss allerdings nicht das bedeuten, was man sich als Deutscher erwartet hat. Im Sprachunterricht heißen diese Fallen „Falsche Freunde“. „Svimma“ ist so einer. Er ähnelt zwar dem deutschen „schwimmen“, bedeutet aber: ohnmächtig werden. Schwimmen auf Schwedisch heißt „simma“. Etwas pikanter wird der Unterschied bei dem Wort „villkor“, was einen Deutschen vielleicht an „Willkür“ erinnert, aber „Bedingung“ bedeutet (auch wenn das schwedische „villkor“ dem Deutschen entlehnt ist).
Aufgefallen ist mir, dass manche Wörter, die wir im Deutschen tagtäglich verwenden, im Schwedischen anscheinend zu zwar bekannten, aber doch veralteten Begriffen gehören. Bekannte Persönlichkeiten heißen heute beispielsweise eher „kändis“ (von känd = bekannt) als „personlighet“. Einmal habe ich auf der Suche nach dem richtigen Verb die oben genannte Anhängsel-Strategie versucht und das Verb „mitbringen“ zum schwedischen „bringa“ umgewandelt. Meine Lehrerin aus dem Sprachcafé hat sich sehr über diese Vokabel in meinem Satz gefreut. „Das klingt so schön, so ehrfürchtig. Wie in der Kirche“, meinte sie. Nur, so war es gar nicht gemeint. Andersherum kommen auch mir manche schwedische Begriffe veraltet vor. Zum Beispiel „Kontor“ (Büro) oder „artig“ (höflich).
Woher also diese Nähe? Schon im Mittelalter zog es viele norddeutsche Handwerker und Händler in schwedische Städte. Mit sich brachten sie den Wortschatz (auch schön, die schwedische Übersetzung: ordförrad, also: Wortvorrat) aus ihrem Berufsalltag, der schnell Einzug ins Schwedische fand, so z.B. betala (bezahlen), rådhus (Rathaus), skomakare (Schuhmacher) usw. In manchen Kreisen war es sogar schick, deutsche Vokabeln zu gebrauchen. Schweden und Norddeutsche konnten sich damals bequem in ihrer je eigenen Sprache miteinander verständigen, weil das mittelalterliche Niederdeutsch und das Schwedische einander sehr ähnlich waren. In beiden Sprachen hat, im Gegensatz zum heutigen Hochdeutschen, die sogenannte zweite Lautverschiebung (bei der sich in Wörtern bestimmte Konsonanten und Vokale verändert haben, z.B. von p zu f, von y zu eu) nicht stattgefunden. Man sagt deshalb auch, dass es zwar für Deutsche heute relativ leicht ist, Schwedisch zu lernen, andersherum ist es jedoch bedeutend schwerer (was sicher auch an der komplizierten deutschen Grammatik liegt).
Quellen:
Lena Moberg: „Svenskt och tyskt i detmedeltida Stockholm“, in: Lena Moberg und Margareta Westman: „Svenskan i tusenår – GlimtarurSvenskaSpråketsUtveckling”, 1996.
Elias Wessén: ”Om dettyskainflytandetpåsvensktspråkundermedeltiden”, 1967
Kerstin Rydén, IngemarWengse, Anne-Louise Wistam: ”modern tyskgrammatik”, 2011