Während die Weltöffentlichkeit mit den Nachrichten aus Syrien beschäftigt ist, ereignet sich auf einem anderen Teil der Erde ein  Völkermord im erheblich menschenverachtenden Ausmaß. Es ist die Rede von dem Land Burma. Zuerst kursierten Bilder in den sozialen Netzwerken über Menschen, die ins Feuer geworfen und bei lebendigem Leibe verbrannt wurden. Jedoch waren auch sehr viele Bilder dabei, die nichts mit den Ereignissen in Rakhine zu tun hatten, so dass es sehr undurchschaubar war, zu unterscheiden, welche Bilder nun der Realität entsprechen und welche nicht. Dadurch war die richtige Beurteilung der Situation erschwert. Ich hoffe mit diesem Artikel die Ereignisse etwas zu durchleuchten und die Problematik zu thematisieren. Wie anfänglich erwähnt hat die Welt ihr Augenmerk auf Syrien gerichtet, aber nach einer genauen Bestandsaufnahme, möchte ich betonen, dass die Ereignisse in Burma beim Etikett verwerflich und menschenverachtend, eine Steigerung darstellt, ohne dabei die Untaten in Syrien herunter spielen zu wollen. Die Legitimationsgründe beider Regime haben unterschiedliche Motive, um Menschen ermorden zu lassen, auf die ich nach dem Sachverhalt in Burma nochmal näher eingehen werde.

Wie kam es zu den aktuellen Ausschreitungen?

Mehreren Medienberichten zufolge sollen Ende Mai angeblich drei Männer einer 26 jährigen Buddhistin aufgelauert, sie vergewaltigt und getötet haben. Es habe sich bei den Männern um Muslime aus Rakhine vom Volk der Rohingya gehandelt.

Die verdächtigten Männer wurden unmittelbar nach der Tat verhaftet. Eine Woche später haben fanatische Buddhisten einen Reisebus mit Muslimen und anderen Gästen angehalten und 10 Muslime tot geprügelt. Dies soll ein Racheakt im Gegenzug für die eine Woche zuvor vergewaltigte Buddhistin gewesen sein.[1] Soweit zum Auslöser der Ausschreitungen.

Die Lage in Rakhine

Die Rohingya sind eine Minderheit muslimischen Glaubens im Westen Burmas. Sie leben im Staate Rakhine. Doch Burma weigert sich seit Jahrzehnten dieser Minderheit eine Staatsangehörigkeit zu erlassen. Nach einem seit 1982 erlassenen Gesetz sind die Rohingya staatenlos. Aus einigen Medienberichten geht hervor, dass die Rohingya einer ständigen Unterdrückung, Vergewaltigungsakten und systematischer Tötung ihrer Männer,  ausgeliefert sind. Der Grund ist die faschistische Haltung der burmesischen Regierung. Insbesondere die muslimische Rohingya sind um ihre Existenz bedroht. Die erste Anlaufstation ist die Flucht nach Bangladesch, aber da sie staatenlos sind, macht dies die Lage für sie noch schwieriger. Sie finden größtenteils keine Anerkennung als Flüchtlinge in Bangladesch und werden zurückgedrängt.

Viele ertrinken bei der Flucht im offenen Meer. „Die britische Organisation Equal Rights Trust teilt mit, das burmesische Militär sei ‚zunehmend beteiligt an Gewaltakten und anderen Menschenrechtsverletzungen gegen die Rohingya – einschließlich dem Töten und der Massenverhaftung von Jungen und Männern in der Provinz Rakhine‘. Ein westlicher Diplomat sagt: ‚Ich kenne keine Minderheit auf dieser Welt, der mit so viel Ablehnung begegnet wird. Ihre Situation ist schlimmer als die der Roma in Europa. ‘Nach Uno-Angaben sind die Rohingya das ‚am meisten verfolgte Volk der Welt‘.“[2] Amnesty International berichtet über „glaubwürdige Berichte“ wegen „schwerer  Menschenrechtsverletzungen gegen Rohingya und andere Muslime – wie Misshandlungen, Vergewaltigungen, die Zerstörung von Eigentum und außergerichtliche Tötungen.“[3] Nach einer Recherche bei Human Right Watch, bestätigen sich diese Berichte. Ein Blick in die türkischen Medien, geben uns Informationen darüber, welches Ausmaß die Menschenrechtsverletzungen in Rakhine haben. Aktuell hat der Präsident, Thein Sein,  die Schließung der Moscheen veranlasst. Als Grund hat er genannt, dass die Moscheen Versammlungzentren für terroristische Machenschaften seien, in dem die Muslime sich gegen die Regierung organisieren könnten, so Thein Sein. Was der Präsident als Versammlung bezeichnet hat, war in Wirklichkeit eine Zusammenkunft der Muslime in der Moschee für das Totengebet der getöteten Opfer der Rohingya. An anderen Tagen gehen die Muslime kaum raus aus Angst vor Übergriffen der buddhistischen Rakhine. Diese Vorgehensweise der Regierung über die Schließung und Menschenrechtsverletzungen lässt vermuten, dass es in Rakhine keine Muslimische Autonomie geben soll. Außerdem wird den Rohingyas das Telefonieren, abends auf die Straße zu gehen und sogar unerlaubtes Heiraten, verwehrt. Wobei die Heiratserlaubnis beantragt werden muss und erst nach einer zweijährigen Prozedur ermöglicht werde. (Yeni Safak)[4]

Sieben Imame wurden durch buddhistische Gruppierungen auf grausame Weise getötet und in den Fluss geworfen. Der Grund sei gewesen, dass sie als Vorbeter fungieren, mit denen die Muslime jeden Abend im Ramadan beten. (Yeni Safak)[5]

Die Flüchtlinge der Rohingya die es in andere Dörfer und Flüchtlingslager geschafft haben, sind menschenunwürdigen Lebensverhältnissen ausgeliefert und haben eine niedrige Lebenserwartung. Beobachter berichten, sie bekämen täglich nur Reis zum essen. Aufgrund der Nahrungsknappheit würden fast alle unter Anämie leiden. Eines der Anderen großen Probleme ist das Trinkwasser. Man findet kaum sauberes Trinkwasser. Mit anderen Worten; die Hilfsorganisationen an den Flüchtlingslagern und Dörfern, müssten sich um schnelle ärztliche Hilfe und Nahrungsversorgung kümmern. Erste türkische Hilfsorganisationen wie „Kimse yokmu“ und „IHH“ sind Berichten zufolge schon an den betroffenen Flüchtlingsgebieten. Auch die Flucht aus Rakhine ist äußerst lebensbedrohlich für die Rohingya. Sie müssen einen Fluss überqueren, um an die Grenzen Bangladeschs zu gelangen. Die Flüchtlinge müssen im Kanu, einerseits dem Hunger, andererseits Schlangen und Krokodilen ausgeliefert, den Fluss überqueren. (Yeni Safak)[6] Amnesty International zufolge werden die Flüchtlingsboote von Hubschraubern aus beschossen.

Auf die Drohung von Staatspräsident Burmas, Thein Sein, die rund 800.000 Rohingya auszuweisen, bezeichnete der Asienreferent bei der Gesellschaft für bedrohte Völker, Ulrich Delius,  die Vorgehensweise der Regierung von Thein Sein als „blanken Rassismus“. „‘Statt zur Versöhnung in dem Vielvölkerstaat aufzurufen, betätigt sich der Präsident als populistischer Brandstifter und schürt weitere ethnisch-religiöse Konflikte. Das ist ein schwerer Rückschlag für die Demokratisierung Burmas‘, erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag. ‚Die internationale Staatengemeinschaft muss Burmas Regierung nun unmissverständlich deutlich machen, dass das Land nicht willkürlich ethnische Gruppen ausgrenzen darf. ‘“[7]

Der Menschenrechtsbeauftragte der  Bundesregierung ist „schockiert von dem offensichtlichen Rassismus, mit dem viele Akteure den Rohingya begegnen.“ Die Friedensnobelpreisträgerin, Aung San Su Kyi,  hat ihr Schweigen gebrochen und sich im Parlament zum Schutz der Minderheiten in Burma ausgesprochen. Dr. Muhammed Yunus, der als Sprecher für die Rohingya agiert, im Gespräch mit einem „Anatolia Ajansi“-Journalisten erzählt von Buddhisten, die mit Unterstützung der burmesischen Soldaten und mit Militärwaffen die Muslime töten. Er berichtet weiterhin, dass das Schweigen der westlichen Länder und der muslimischen Welt, der Grund für die Übergriffe an die Rohingya sei. Die Buddhisten wollten die Muslime dort nicht haben, so Yunus. Auf die Freilassung von der Friedensnobelpreisträgerin, Aung San Su Kyi, hätten die westlichen Länder die Sanktionen gegenüber Burma aufgelockert, deshalb würden sie gegenüber dem Massaker an den Rohingya nichts unternehmen. Weiter würde es zu willkürlichen Verhaftungen kommen, die zum Großteil an intellektuellen durchgeführt würden. Man wisse nicht wo man sie hinbringt. Die Vergewaltigungen an Frauen gingen weiter, so Dr. Yunus. Er fordert, dass man internationale unabhängige Beobachter an die betroffenen Gebiete entsendet. Dörfer in denen Muslime leben, werden laut Yunus, systematisch verbrannt. Er betont, dass seit dem 3. Juni 2012 trotz geschlossener Grenzen Bangladeschs, 20.000 Rohingya nach Bangladesch flüchten konnten. Insgesamt würden 500.000 muslimische Flüchtlinge aus Burma kommen. Yunus spricht von bisher tausenden von getöteten Muslimen.[8]

Das Schweigen der westlichen Medien und die Doppelmoral der westlichen Länder

Bis auf die wenigen Informationen, die ich über die Lage in Rakhine von einigen Online-Medien habe, schweigt die hiesige Medienwelt des Westens über das Massaker in Burma. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Etikett verwerflich und menschenverachtend erneut kommen, da das Vorgehen des „Thein Sein“-Regimes gegenüber das Assad-Regime, eine Steigerung darstellt. Man findet haufenweise Berichte über Syrien und sein Assad-Regime. Etwas Interessantes ist mir dabei aufgefallen. Die westlichen Länder fordern für Syrien schärfere Sanktionen. Auf der anderen Seite hat Obama, die Sanktionen für Burma aufgelockert und die amerikanischen Firmen stehen für Investitionen in Burma in den Startlöchern. Der Demokratisierungsprozess soll die Grundlage für die Auflockerung der Sanktionen in Burma sein. Das Vorgehen des „Thein Sein“-Regimes gegen die Rohningya und die Aussagen des Präsidenten zeigen, dass die Intention für ein Demokratisierungsprozess nicht Ansatzweise erkennbar ist.

Die Legitimationsgründe für das Töten beider Regime sind hier klar voneinander abzugrenzen. Meines Erachtens ist das Vorgehen des Regimes von Thein Sein eine Steigerung gegenüber dem Assad-Regime, weil wir es hier mit einer ethnischen Säuberung zu tun haben. In Rakhine werden Muslime getötet auf Grund ihres Glaubens. In Syrien werden Assad-Gegner getötet, weil zwischen Regime und Opposition Krieg herrscht. Das Regime in Syrien wehrt sich, um sich gegen die Aufständischen zu erhalten. Die Medien sollten sich ihrer Aufgabe bewusst werden und das Massaker in Burma nicht außer Acht lassen. Die Presse steht in der Verantwortung, die Weltöffentlichkeit über die Ereignisse von Rakhine zu informieren. Aufgrund der oben erwähnten Lage in Burma, kann hier von Demokratie nicht die Rede sein.

Wenn Muslime den westlichen Ländern eine Doppelmoral vorwerfen, dann ist es klar auf das Verhältnis zwischen der Forderung zum Assad-Regime und dem Umgang zum „Thein-Sein“-Regime zurückzuführen. Ist es nicht ein Widerspruch auf der einen Seite schärfere Sanktionen zu fordern und auf der anderen Seite sie wieder gegenüber einer faschistischen Regierung aufzulockern? Hier sollten die westlichen Länder ihre politischen Schachzüge nochmal überdenken….

Was ist zu tun?

Die islamischen Länder, insbesondere die Türkei, sollten sich stark für eine Stationierung der Blauhelme in Burma einsetzen. Politiker, die sich für Syrien einsetzen, sollten sich gleichermaßen auch für die Rohingya einsetzen und Lösungsansätze in den Parlamenten vorschlagen. Wir laden alle dazu ein, insbesondere die Muslime folgende zwei Unterschriften-Kampagnen zu unterstützen:

  1. Massaker an den Muslimen in Myanmar stoppen!
  1. Protect Muslims in Myanmar

Jeder kann und sollte sein Einflusspotential auf verschiedene Art und Weise nutzen. Wichtig ist nicht nur darüber gesprochen zu haben, sondern auf demokratischer Art und Weise die Handlungsmöglichkeiten zu nutzen. Und nicht zu vergessen, sollten wir für die Muslime, gerade jetzt im Fastenmonat Ramadan, in dem die Gefühle sensibel genug sind, zumindest was den Hunger betrifft, beten.


[2] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Rassismus gegen Rohingya – Schwerer Rückschlag für Demokratisierung Burmas

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Als Integrationsblogger gründete ich 2010 diesen Blog, inspiriert durch die Sarrazin-Debatte. Geboren 1977 in Dortmund als Kind türkischer Einwanderer, durchlebte ich vielfältige Rollen: vom neugierigen Sohn zum engagierten Schüler, Breakdancer, Kickboxer, Kaufmann bis hin zu Bildungsleiter und Familienvater von drei Töchtern. Dieser Blog ist mein persönliches Projekt, um Gedanken und Erlebnisse zu teilen, mit dem Ziel, gesellschaftliche Diversität widerzuspiegeln. Als "Integrationsblogger" biete ich Einblicke in Debatten aus meiner Perspektive. Jeder Beitrag lädt zum Dialog und gemeinsamen Wachsen ein. Ich ermutige euch, Teil dieser Austausch- und Inspirationsquelle zu werden. Eure Anregungen, Lob und Kritik bereichern den Blog. Viel Freude beim Lesen und Entdecken!

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