Mehrsprachigkeit nützt unserer Wirtschaft und unserem Land
„Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.”
Mit dieser Formulierung in ihrem Leitantrags-Entwurf manövriert sich die CSU derzeit gänzlich ins Abseits. Die Erben von Franz-Josef Strauß lassen sich weiterhin strikt von den Leitideen ihres 1988 verstorbenen Partei-Patriarchen beeinflussen. Für den national-konservativen Strauß galt immer der Grundsatz: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.” Daran orientierten sich auch die nachfolgenden Ministerpräsidenten Max Streibl, Edmund Stoiber, Günther Beckstein und Horst Seehofer. Nur der ehemalige bayerische Landtagspräsident und Mitglied des CSU-Parteivorstands, der Sozialpolitiker Alois Glück, der heute Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist, setzte sich oft für eine humanere Ausrichtung und Durchmischung der CSU ein. Er war sozusagen das soziale Gewissen der Partei. Deutsche mit Einwanderungsgeschichte waren für ihn in der Partei stets willkommen. Für seine Ansichten musste Alois Glück in seiner Partei oft Kritik einstecken. Der gläubige Katholik Glück galt dennoch für viele als Vorbild. Und: Er war seiner Zeit bei den Christsozialen weit voraus. Ähnlich wie Rita Süssmuth, Armin Laschet oder der heutige Generalsekretär Peter (Michael) Tauber es in der CDU waren und sind.
CSU-Vorstoß ist Zeichen von Panik
Aber Horst Seehofer nimmt nicht die Kolleginnen und Kollegen mit Weitsicht und Überblick als Modell. Er bevorzugt die Rolle des Spalters, so wie Strauß, Streibl und Stoiber. Seehofer scheint es wichtiger zu sein, vor allem das konservative Profil der CSU zu schärfen und Wähler des rechten Randes an sie zu binden. Die eurokritische und rechtspopulistische AfD scheint den Horst in Schwierigkeiten zu bringen. Die CSU, die oft mit absoluter Mehrheit regiert, macht sich Sorgen, dass sie demnächst auf einen Koalitionspartner angewiesen sein könnte. Daher ist der populistische CSU-Vorstoß mit der Sprachregelung nichts anderes als blanke Panik.
Deutschpflicht wird mühevoll für die Bayern
Ist es die besagte „bayerische Art” Zuhause nur noch deutsch zu sprechen? Es ist anzunehmen, dass gerade die Bayer hier ihre Schwierigkeiten haben werden. Denn ihre Sprache wird in Deutschland am wenigsten und oftmals leider nur mit Untertiteln verstanden. Mit der Deutschpflicht am Küchentisch könnten aus diesem Grunde zunächst einmal die Bayern selbst die größten Schwierigkeiten haben.
Es ist erwiesen, dass mehrsprachig aufgewachsene Menschen eine weitaus bessere kognitive Fähigkeit besitzen als einsprachig heranwachsende Personen. Immer mehr Schulen setzen auf bilinguale Erziehungsmethoden und unterrichten auch dementsprechend. Menschen, die selbst oder deren Familienangehörige Migrationserfahrungen haben, sind hier klar im Vorteil. Sie sind deshalb im Vorzug, weil sie in der globalisierten Welt verschiedene Sprachen, Kulturen, Religionen, Umgangsformen und Zivilisationen kennen. Das nennt man auch „interkulturelle Kompetenz“ bzw. „interkulturelle Kommunikation“. Unternehmen und Behörden geben für Kurse in diesem Bereich mehrere tausend Euro aus. Entweder schulen sie ihr Personal oder setzen gleich auf Diversität, also Verschiedenheit und Vielfalt. Hieran erkennt man sehr deutlich, dass „Integration keine Einbahnstraße“ ist. Auch die Mehrheitsbevölkerung muss sich integrieren, sich öffnen und ihren Horizont erweitern. Die Minderheiten sind natürlich ebenfalls verpflichtet, teilzunehmen und teilzuhaben. Dafür ist das Erlernen der Sprache des Landes, in dem man lebt, essentiell.