Ein Mann kam zu Ali r.a. (möge Allah mit Ihm zufrieden sein) und sagte:1 

Ich habe vier Fragen an dich.

Das Tor zur Stadt des Wissens (metaphorisch), Ali r.a., antwortete: 

Frag, ich höre zu.

Der Mann fragte: 

Was ist erforderlich oder geboten und was kommt davor (Wajib)?

Ali r.a. antwortete: 

Buße zu tun ist erforderlich, und Sünden zu meiden ist das Gebot, das davor kommt.

Dann fragte der Mann: 

Was ist Gewissheit und was ist gewisser als Gewissheit (Yakin)?

Ali r.a. antwortete:

Das Jüngste Gericht ist eine Gewissheit, doch der Tod ist eine noch größere Gewissheit.

Der Mann fragte weiter: 

Was ist merkwürdig und was ist merkwürdiger als das Merkwürdige (ajip)?

Ali r.a. antwortete: 

Die Welt ist merkwürdig, aber die Welt zu lieben, ist noch merkwürdiger.

Zuletzt fragte der Mann: 

Was ist anstrengend und was ist herausfordernder als das Anstrengende?

Und Ali r.a. antwortete auf diese letzte Frage: 

Das Grab (Kabir) ist anstrengend; in ein Grab ohne geistige Vorräte (metaphorisch) und ohne gute Taten (Amel) zu gehen, ist noch herausfordernder.

In der reichen Geschichte des Islam gibt es zahlreiche Beispiele für Weisheit und Einsicht, die durch die Jahrhunderte hindurch Bestand haben. Eines der bemerkenswertesten Beispiele ist der obige Dialog zwischen dem Kalifen Ali ibn Abi Talib r.a., einer zentralen Figur im Islam, und einem Fragenden. Dieser Austausch beleuchtet grundlegende Lebenswahrheiten und bietet tiefe Einsichten in das menschliche Dasein. In diesem Beitrag tauchen wir in diesen Dialog ein und erkunden seine Bedeutung für unser heutiges Leben.

Die Priorität der Vermeidung von Sünden

Die erste Frage, die der Mann an Hz. Ali richtete, war:

Was ist erforderlich oder geboten und was kommt davor (Wajib)?

Ali’s r.a. Antwort war tiefgründig und direkt:

Buße zu tun ist erforderlich, und Sünden zu meiden ist das Gebot, das davor kommt.

Diese Antwort spiegelt die zentrale Lehre des Islam wider, dass wahre Reue und die Vermeidung von Sünden Hand in Hand gehen. Es ist nicht nur wichtig, Buße für begangene Fehler zu tun, sondern auch proaktiv zu handeln, um zukünftige Verfehlungen zu vermeiden.

Diese Erkenntnis führt uns zu einer wichtigen Überlegung im spirituellen Leben: Oft konzentrieren wir uns auf die Buße für unsere Fehler, ohne die zugrunde liegenden Ursachen zu berücksichtigen, die zu diesen Fehlern führen. Alis r.a. Weisheit lehrt uns, dass die Vermeidung von Sünden eine vorrangige Pflicht ist, die der Buße vorausgeht. Dies impliziert eine tiefe Selbstreflexion und ein proaktives Bemühen, ein ethisch korrektes Leben zu führen.

Die Unvermeidlichkeit des Todes

Die nächste Frage des Mannes lautete:

Was ist Gewissheit und was ist gewisser als Gewissheit (Yakin)?

Ali r.a. antwortete:

Das Jüngste Gericht ist eine Gewissheit, doch der Tod ist eine noch größere Gewissheit.

Diese Antwort erinnert uns an die Unausweichlichkeit des Todes und die Bedeutung, das Leben im Bewusstsein dieser unvermeidlichen Wahrheit zu führen. Während viele Menschen das Jüngste Gericht als entfernte Realität betrachten, unterstreicht Ali r.a., dass der Tod eine unmittelbarere Gewissheit ist, auf die jeder Einzelne vorbereitet sein sollte.

Alis r.a. Worte betonen die Dringlichkeit, sich auf das eigene Lebensende vorzubereiten. In einer Welt, die oft von materiellen und vergänglichen Zielen geprägt ist, ruft uns diese Weisheit dazu auf, unsere Prioritäten zu überdenken. Der Tod, als unvermeidliche Wahrheit, sollte als zentraler Bestandteil unseres Bewusstseins und unserer Lebensplanung dienen.

Die Vergänglichkeit der Welt

Die dritte Frage des Mannes lautete:

Was ist merkwürdig und was ist merkwürdiger als das Merkwürdige (ajip)?

Ali r.a. antwortete, dass die Welt merkwürdig sei, aber die Liebe zur Welt noch merkwürdiger. Diese Antwort zeigt, wie oft wir uns in die Illusionen und vergänglichen Freuden des weltlichen Lebens verstricken, ohne die flüchtige Natur dieser Erfahrungen zu erkennen.

In seiner Antwort legt Ali r.a. dar, dass unsere Faszination und Bindung an die weltlichen Freuden und Vergnügen tatsächlich merkwürdig und paradox ist, angesichts der Tatsache, dass alles in dieser Welt vergänglich ist. Diese Einsicht ermutigt uns, unsere Bindung an materielle Dinge zu überdenken und stattdessen nach dauerhafteren, spirituellen Werten zu suchen.

Die Herausforderung der spirituellen Vorbereitung

Die letzte Frage des Mannes war:

Was ist anstrengend und was ist herausfordernder als das Anstrengende?

Ali r.a. antwortete, dass das Grab herausfordernd sei, aber in ein Grab ohne geistige Vorräte (metaphorisch) und ohne gute Taten (Amel) zu gehen, sei noch anstrengender. Diese Antwort öffnet eine tiefere Dimension der Selbstreflexion über das Leben nach dem Tod. Sie betont die Bedeutung guter Taten und spiritueller Vorbereitung für das, was nach dem Tod kommt.

Das Leben wird oft als Reise betrachtet, und der Tod ist ein unvermeidlicher Teil dieser Reise. Alis r.a. Worte erinnern uns daran, dass diese Reise nicht mit dem Tod endet, sondern in einer anderen Existenzform weitergeht. Die wahre Herausforderung liegt darin, sich auf dieses unbekannte Territorium vorzubereiten, nicht nur durch materielle Mittel, sondern durch geistige Vorräte – unsere Taten, Glauben und spirituellen Praktiken.

Die zeitlose Weisheit Alis r.a.

Dieser Dialog zwischen dem Mann und Ali r.a. bietet einen tiefgründigen Leitfaden für das Leben. Jede Frage und jede Antwort enthüllt eine Schicht der Weisheit und fordert uns auf, über die eigentliche Bedeutung unseres Daseins nachzudenken. Diese Weisheiten sind nicht nur für die spirituelle, sondern auch für die alltägliche Ebene relevant.

Fassen wir zusammen:

  1. Die Priorität der Vermeidung von Sünden: Ein proaktives Leben in ethischer Korrektheit und Selbstreflexion.
  2. Die Unvermeidlichkeit des Todes: Die Dringlichkeit, sich auf das Lebensende und das Jenseits vorzubereiten.
  3. Die Vergänglichkeit der Welt: Die Notwendigkeit, über die Bindung an materielle Dinge hinauszugehen und wahre, dauerhafte Werte zu suchen.
  4. Die Herausforderung der spirituellen Vorbereitung: Die Bedeutung guter Taten und spiritueller Entwicklung für das Leben nach dem Tod.

Die Antworten von Ali r.a. in diesem Dialog bieten zeitlose Einsichten. Sie erinnern uns daran, dass unser Leben mehr ist als nur die Jagd nach weltlichem Erfolg und Vergnügen. Es ist eine Reise der spirituellen Entwicklung, die eine sorgfältige Vorbereitung, ethisches Handeln und ein tiefes Bewusstsein für die ultimativen Realitäten des Daseins erfordert. In einer Welt, die sich ständig wandelt und in der wir oft von unseren täglichen Verpflichtungen in Anspruch genommen werden, bieten diese Lehren eine wertvolle Perspektive auf das, was im Leben wirklich zählt.

  1. Ali (Möge Allah mit ihm zufrieden sein), ist der 4. Kalif im Islam, der Schwiegersohn und Cousin des Propheten Muhammad (Friede und Segen auf Ihm) ↩︎
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Als Integrationsblogger gründete ich 2010 diesen Blog, inspiriert durch die Sarrazin-Debatte. Geboren 1977 in Dortmund als Kind türkischer Einwanderer, durchlebte ich vielfältige Rollen: vom neugierigen Sohn zum engagierten Schüler, Breakdancer, Kickboxer, Kaufmann bis hin zu Bildungsleiter und Familienvater von drei Töchtern. Dieser Blog ist mein persönliches Projekt, um Gedanken und Erlebnisse zu teilen, mit dem Ziel, gesellschaftliche Diversität widerzuspiegeln. Als "Integrationsblogger" biete ich Einblicke in Debatten aus meiner Perspektive. Jeder Beitrag lädt zum Dialog und gemeinsamen Wachsen ein. Ich ermutige euch, Teil dieser Austausch- und Inspirationsquelle zu werden. Eure Anregungen, Lob und Kritik bereichern den Blog. Viel Freude beim Lesen und Entdecken!

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