Ilker Basbuğ, ehemaliger Generalstabschef (2008-2010), wurde vergangenen Freitag inhaftiert. Er habe angeblich eine Terrororganisation gegründet und geleitet. Zudem habe er die Untergrundorganisation „Ergenekon“ unterstützt. Diese Terrororganisation habe das Ziel die Regierung, unter Ministerpräsident Erdogan, zu stürzen. Einen weiteren Militärputsch habe die Terrororganisation „Ergenekon“ geplant. So wurden mehr als 200 Mitglieder des Militärs inhaftiert. Diese Untergrundorganisation „Ergenekon“ habe Basbuğ empfohlen, diese Terrororganisation zu gründen und zu leiten. Zudem wurden Internetseiten erstellt, die Schriften gegen die Regierung publizierten.
Wer die türkische Geschichte kennt, weiß, dass Militärputsche keine außergewöhnlichen Handlungen sind. Der Begriff „Putsch“ ist für das Militär etwas Alltägliches. Sie hat das „putschen“ im Blut. Putsche wurden in der vergangenen von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen und Parteien unterstützt. Was heutzutage immer noch zutrifft. Die Militärputsche in der Türkei sind zum Alltag geworden. Das Militär hat im Abstand von zehn Jahren einige Male Putschversuche gestartet und erfolgreich durchgeführt. So wurden 17 Regierungswechsel durch putschen ermöglicht.
Die EU hat jahrelang die Rolle des Militärs in der Türkei zu Recht kritisiert. Die EU unterstützt in dieser Hinsicht die Untersuchungen der Terrororganisation „Ergenekon“ und sieht darin eine Chance für die Türkei, die Demokratie voranzutreiben. Allerdings wird bemängelt, dass die Untersuchungshaft sehr lange dauere und somit die Menschenrechte verletzt würden.
Wir können Ilker Basbuğ nicht als schuldig bezeichnen. Jeder ist, soweit das Gegenteil nicht bewiesen ist, unschuldig. Dafür müssen wir die Entscheidung des Gerichts abwarten. Doch es ist aber ein wichtiger Schritt für den Demokratisierungsprozess der Türkei. Auch Generäle und Militärchefs müssen ab sofort vor das Gericht. Vor zehn Jahren konnte sich so etwas kaum einer vorstellen. Nach dem Militärputsch Anfang der 60er Jahre wurde die türkische Justiz sehr stark idealisiert. Anfang 1990 hat der sozialdemokratische Justizminister Seyfi Oktay nur diejenigen zum Richter und Staatsanwalt ernannt, die auch Mitglied seiner Partei waren. Die Kandidaten aus seiner Partei zur Staatsanwaltschaft wurden in der Liste mit lauter zahlreichen anderen Kandidaten mit einem „+“ vermerkt. Das Militär und die Justiz seien angeblich die Hüter des Kemalismus. In der heutigen Türkei ist oder besser gesagt sollte jeder vor dem Gericht gleichgestellt sein. Ganz unabhängig von dem Amt, den er inne hat oder hatte. In der Türkei herrschte bis zum Jahre 2002 ein zwei Regierungssystem. Auf der einen Seite, die vom Volk gewählte Regierung und auf der anderen Seite die „Hüter des Kemalismus“, das Militär. Sie gab fast nahezu zu allen politischen Themen ein Statement, vom politischen bis hin zur Wirtschaft. Ein aktuelles Beispiel sind die Äußerungen des amtierenden Generalstabschefs Org. Necdet Özel. Özel sagte in einem Interview, dass er das kurdisch lernen in Schulen nicht sinnvoll finde. Kann man sich so etwas in Deutschland vorstellen? Äußert sich auch hier der Bundeswehrchef zum Beispiel zu der aktuellen Situation des Bundespräsidenten? Die Antwort ist ganz einfach: Nein. Denn in modernen demokratischen Staaten ist es üblich, dass Politiker, Akademiker über solche Themen reden und diskutieren, aber nicht die Bundeswehr. Doch seit 2008 hat sich die Situation radikal verändert. Das Militär ist, auch wenn nicht ganz, in seine Kaserne zurückgekehrt. Ein ganz einfaches Beispiel um das Ganze zu verdeutlichen ist, dass in Deutschland so gut wie keiner den Generalchef kennt. In der Türkei ist dies genau umgekehrt. Dort ist der Militärchef täglich in Nachrichten zu sehen und in ganz Türkei wie der Staatspräsident sehr bekannt.