Wie schön waren die Zeiten, als der große Pharao noch das Land am Nil regiert hat. Viele Ägypter, vor allem ältere Menschen, äußern sich durchaus auf diese Art und Weise. Die Rede ist nicht von Tutenchamun, sondern von Mubarak: dem Präsidenten, der die letzten 30 Jahre das Land mehr oder weniger stabil halten konnte. Natürlich wurden die Wahlen in den letzten drei Jahrzehnten im Land nur angeblich demokratisch gehalten.
Die letzten Jahre waren für das Land Ägypten nicht nur wirtschaftlich ein Reinfall, sondern auch aus politischer Sicht. Vom demokratischen Aspekt ganz zu schweigen. Die kargen Errungenschaften der durch die Muslimbrüder gestellten Regierung und der Sturz des Präsidenten Mursi, der das Land für ein Jahr regiert hat, waren abzusehen. Allerdings konnte das Ende der einstigen energischen Revolution der jungen Menschen nicht dramatischer sein.
Es waren nämlich junge Menschen, die sich auf die Straße gestellt, Tote in Kauf genommen und Nächte auf dem Tahrir-Platz verweilt hatten. Mehr und mehr Menschen der älteren Generationen gesellten sich zu ihnen. Der Auslöser für den Wandel im Land war die junge Generation, die nicht weiter von Machthabern unterdrückt werden wollte. Sie kämpften für soziale Gerechtigkeit. Brot, Arbeit und Sicherheit waren zusätzlich besondere Anliegen der Bürger Ägyptens. Sogar Schwerverletzte und Tote wurden für dieses Ziel akzeptiert. Jedoch wollte sich das einstige Ziel, demokratisch und unabhängig von einem autokratischen Machthaber zu sein, bislang nicht einstellen.
Die bereits bekannten Wahlergebnisse
Am 26. und 27. Mai finden nun Präsidentenwahlen in Ägypten statt, um erneut einen Präsidenten zu finden, der das Land diesmal stabil und sicher halten soll. Tausende Soldaten und Polizisten werden die Wahlen in den Schulen absichern, um Anschläge oder andere Schwierigkeiten zu vermeiden. Schließlich ist die Wut der gestürzten Muslimbrüder groß. Natürlich ist zur gleichen Zeit zu beachten, dass sich die Bürger Ägyptens nur zwischen zwei Kandidaten entscheiden können. Der ehemalige Militärchef Abdel Fattah Al-Sisi, der einzig für die Präsidentschaftswahlen sein Amt als Chef des Militärs niedergelegt hat, ist ein Kandidat. Auf der anderen Seite befindet sich Hamdin Sabahi. Aus Sicht der Menschen, die sich der langwierigen Schlacht mit der Polizei auf den Straßen gestellt haben und unter denen Hamdin Sabahi anwesend war, ist dieser jedoch nur ein Zivilist. Er war jedoch schon immer politisch engagiert und war immer ein Teil der Revolution. Er wurde sogar mehrfach aufgrund seines politischen Engagements für die Gerechtigkeit verhaftet.
Es entsteht also faktisch der Eindruck, als würde sich nur ein Kandidat – nämlich der Ex-Militärchef Sisi – zur Wahl anbieten und wäre Sabahi nur ein Zählkandidat, um den Wahlen einen demokratischen Anstrich zu geben. Sisi ist sich seiner Wahl so sicher, dass er es nicht für notwendig gehalten hat, wie sein Konkurrent durch die Städte und Provinzen Ägyptens zu reisen, um für sich zu werben. Es drängt sich zum Teil der Eindruck auf, als ob es sich nicht um ehrliche und faire Wahlen handeln würde. Banner und Plakate zieren das ganze Land, die leider nur eine Person zeigen: Sisi. Sicherheit und Stabilität verspricht dieser Mann den Menschen, die sich bereits an einen Pharao als Oberhaupt gewöhnt haben. Wieso also weiterhin für Demokratie kämpfen, wenn es sowieso nach hinten losgehen kann, wie es bereits bei Mursi gewesen ist? Eine Großzahl der jungen Menschen Ägyptens, die das Blut ihrer Brüder und Schwestern von den Straßen des Landes aufwischen mussten, entziehen sich der Wahl. Sie sehen bereits das Wahlergebnis vor ihren Augen. Eine Chance kann ein Zivilist niemals gegen einen Ex-Militärchef haben. Dieser strahlt besonders für den weniger gebildeten Teil der Nation Sicherheit aus. Sicherheit bedeutet aber auch die Unterdrückung von Andersdenkenden. Die Konflikte im Nahen Osten – Syrien und Libyen –, bedeuten eine strenge Hand an die Macht zu lassen, die keine Gefahr zulässt. Auch keine Gefahr aus dem eigenen Land: Die Zusammenarbeit mit Israel wird nicht in Frage gestellt. Schließlich gibt es einen gemeinsamen Feind: Extremistische Gruppen wie die Hamas oder die Muslimbruderschaft. Die Muslimbruderschaft, die eindeutig ihre Chance verspielt hat, gilt in Ägypten offiziell als Terroristengruppe und wurde verboten. Sisi wird sich verstärkt daran setzen, diese Gruppen in Ägypten zu bekämpfen. Todesurteile, reihenweise Verhaftungen und extreme Verhöre werden dabei sicherlich wieder dazugehören.
Hoffnungen liegen auf Sisi
Die Menschen auf den Straßen haben genug von dem Kampf, der Demokratie zum Ziel hatte. Sie möchten zurück in das alte Leben – ohne Angst zu haben, auf der Straße spazieren zu gehen. Sie möchten keinen Führer haben wie den islamistisch-autoritären Zivilisten Mursi. Dieser wurde durch die Bürger sowie durch das Militär gestürzt, da das Land in eine falsche Richtung gelenkt wurde. Sisi beginnt schon vor seiner Wahl zum Präsidenten, Kritiker zu entfernen. Diese werden nämlich einfach weggesperrt. Die Stimmung hat sich komplett gewandelt: Vor zwei Jahren gab es Jubel, Zuspruch und Freude. Aktuell fängt es wieder an, frostig zu werden. Gegner Sisis müssen vielleicht bald ebenso in Angst leben, wie es zu Zeiten Mubaraks gewesen ist. Wurden Gegner und Aufständige nicht auch gefoltert und einfach weggesperrt? Den Bürgern geht es aktuell um Sicherheit und Stabilität. Brot und andere Nahrungsmittel sowie eine Stabilität der Preise müssen her, um den Menschen wieder ein Leben zu ermöglichen, welches nicht in Armut endet.
Das Militär wird immer regieren
Ägypten befindet sich nicht wie Deutschland in einer sicheren Zone. Mit Feinden aus dem Süden und Osten ist dauerhaft zu rechnen. Die Feindschaft zu Israel sowie die Angst, die aufgrund des Gaza-Streifens vorhanden ist, rufen nach einer harten und strengen Hand, die Ägypten schützt. Bereits zu Zeiten Mubaraks schien es, als ob dieser dem Land Sicherheit gegeben habe, ohne die Menschen im Landesinneren zu gefährden. Es bleibt dahingestellt, ob Mubarak sich für die Armut und die Weiterentwicklung des eigenen Landes interessiert oder sich darum gekümmert hat.
Die Menschen haben seit der Wahl Mursis erkannt, dass nur das Militär Sicherheit im Land erreichen kann. Weiche Parteien, die von Zivilisten verkörpert werden, wie aktuell von Sabahi, haben deshalb keine Chance. Die Bürger sehen zu viele Gefahren auf einen Zivilisten als Präsident zukommen, und gehen davon aus, dass ein solcher nicht mit den umfangreichen Gefahren zurechtkommen würde, die aus dem Ausland kommen. Bereits Mursi hatte angedroht, Anschläge auf Ägypten nicht abzuwehren und sogar zu unterstützen, würden die Moslembrüder vom Thron gestürzt werden. Terroristengruppen hätten durchaus leichtes Spiel gehabt. Bis zum aktuellen Zeitpunkt fürchten die Bürger Ägyptens Anschläge, wie sie diese an den vorangegangenen Freitagen gegeben hatte. Die Anschläge auf die Polizei, welche das Ziel der Wut ist, werden ohne Rücksicht auf Verluste geplant und durchgeführt.
Letztendlich werden die Wahlen zu jener erneuten Stabilität im Land führen, wie sie auch schon vor der Revolution geherrscht hatte. Es bleibt dennoch nach der Wahl Sisis zu hoffen, dass sich Ägypten nicht nur in Bezug auf die Landessicherheit weiterentwickeln wird, sondern auch im wirtschaftlichen Sinn. Projekte, die das Land aus der Armut hervorbringen, können durchaus geschaffen werden. Das Land bietet großartige Wissenschaftler, Menschen, die an Ideenreichtum nicht überboten werden können und die aufgrund ihrer Chancenlosigkeit das Land verlassen haben.
Bekannte Ägypter sind in Deutschland und Amerika an Bautätigkeiten von Flughäfen und Bahnhöfen sowie anderen Projekten beteiligt und leiten diese sogar. Das, obwohl Ägypten diese erfolgreichen Menschen selbst benötigt, ihnen jedoch keine Möglichkeit zu Fortschritten gibt. Kein Mensch würde etwas gegen einen Machthaber, einen Diktator, sagen, wenn dieser Sicherheit, Meinungsfreiheit, wirtschaftliche Stabilität ins Land bringt. Inwiefern sind diese Faktoren jedoch mit Demokratie zu verbinden? Ist es unmöglich, Demokratie nicht in eine Gefahrenzone zu bringen, die von Terrorgruppen bedroht wird? Vielleicht ist es tatsächlich das Schicksal Ägyptens, dauerhaft von einem Pharao regiert zu werden.
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