Da sitzt sie nun, die Königin der Savanne. Ihr Gesicht mit Blut verschmiert, ein Zahn weniger, aber die Mission erfüllt: Das Kleine, unschuldig plüschig, lebt. Und während es zwischen ihren Pranken thront, scheint es sich zu fragen, ob Mutti wohl immer so unordentlich isst. Schließlich kann das doch nicht normal sein, oder? Willkommen in der Welt der Mütter, wo Heldentaten regelmäßig unbemerkt bleiben, während die Sprösslinge mit der Empathie von Gartenzwergen durchs Leben stapfen.

Die Szene ist archetypisch: Die Löwin kämpft, blutet, verliert, gewinnt – und das alles, während das Junge gedankenverloren in den Sonnenuntergang blickt. Das Schicksal seines eigenen Hinterns ist ihm herzlich egal, Hauptsache, jemand anders hat’s geregelt. Klingt vertraut? Klar, denn das Prinzip lässt sich bequem auf den Homo sapiens übertragen, wo mütterliche Aufopferung mit der Regelmäßigkeit von Steuerbescheiden abläuft. Aber wie oft sagen wir es laut? Genau. Viel zu selten.

Mama kämpft, Junior chillt

Man stelle sich vor: eine Mutter, die mit einer Hand versucht, die Karotte vom Boden zu kratzen, mit der anderen die Kreditkartenabrechnung vom Junior abfängt, während sie gleichzeitig mental durchgeht, ob sie die Müllabfuhr bezahlt hat – und der Nachwuchs? Der schlurft vorbei, lümmelt sich aufs Sofa und fragt, warum das WLAN wieder so schlecht ist. Dass „WLAN“ synonym für den Lebenssinn dieser Generation steht, ist wohl keine Überraschung mehr, aber es illustriert die Kluft zwischen mütterlichem Kampf und kindlicher Ignoranz perfekt.

Im Tierreich bekommt diese Dynamik eine noch brutalere Note. Die Löwin riskiert Leib und Leben für ihren Nachwuchs, nur damit das Jungtier irgendwann selbstbewusst brüllt: „Ich hab das ganz allein geschafft!“ In menschlichen Haushalten ist das nichts anderes: Spätestens mit 25 erzählen wir stolz unseren Freunden, wie wir unser Leben „ganz alleine“ auf die Reihe bekommen haben, während Mama im Hintergrund einen nervösen Lachanfall unterdrückt. Aber na klar, Junior. Ganz allein.

Die unsichtbaren Opfer der Heldinnen des Alltags

Natürlich gibt es die romantische Vorstellung, dass Kinder irgendwann erwachsen werden und erkennen, was ihre Mütter geleistet haben. Aber bis dahin gleicht die mütterliche Existenz eher einem Survivaltraining: Schlafentzug, Dauerstress und gelegentliche emotionale Angriffe durch pubertäre Pseudophilosophien. Und das Beste? Niemand klatscht. Nicht mal ein kleines Dankeschön. In der Businesswelt würde man diese Arbeitsbedingungen schlicht als menschenrechtswidrig bezeichnen.

Ironischerweise sind es oft gerade die Mütter selbst, die sich nie beklagen. Die Löwin in unserem Bild wird ihrem Kleinen auch nicht vorhalten, dass sie gerade ihre Dinnerparty mit einem rivalisierenden Raubtier ruiniert hat. Menschenmütter sind da kaum anders. Der mütterliche Schweigekodex verbietet es, das Ausmaß ihrer Opfer aufzuzählen. Schließlich will ja niemand die Heiligenschein-Routine durchbrechen.

Von Löwinnen und Lebensrealitäten

Das Bild der Löwin ist also mehr als nur ein starkes Foto. Es ist eine Metapher für den täglichen Kampf der Mütter – und dafür, wie wenig das in unserer Gesellschaft geschätzt wird. Klar, am Muttertag gibt es Blumen und Pralinen, aber wo bleibt der Applaus für die Heldin des Alltags, die in Blut und Schweiß getränkt den Familienthron zusammenhält?

Vielleicht wird das Junge eines Tages verstehen, was seine Mutter durchgemacht hat. Vielleicht auch nicht. Wahrscheinlicher ist, dass es mit zwölf beschließt, dass Mutti total peinlich ist, und mit 30 vergisst, wie oft sie sein Leben gerettet hat. Aber immerhin, eines wird sicher bleiben: Die unerschütterliche Hingabe dieser Heldinnen, die weit über Speziesgrenzen hinweg bewundert werden sollte.

Also? Mehr Löwin, weniger Lemming!

Und jetzt die moralische Pointe: Vielleicht sollten wir alle ein bisschen weniger wie das Löwenjunge sein. Ein bisschen weniger naiv, ein bisschen weniger bequem. Vielleicht könnten wir hin und wieder einfach mal sehen, was wirklich passiert. Wer blutet hier für uns, damit wir unbehelligt weitermachen können? Das gilt für Kinder, Partner, Kollegen – und, na klar, für die Gesellschaft im Allgemeinen.

Denn wenn wir eines aus diesem Bild lernen können, dann dies: Jeder von uns braucht eine Löwin, aber verdammt nochmal, keiner sollte sie als selbstverständlich betrachten.

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Als Integrationsblogger gründete ich 2010 diesen Blog, inspiriert durch die Sarrazin-Debatte. Geboren 1977 in Dortmund als Kind türkischer Einwanderer, durchlebte ich vielfältige Rollen: vom neugierigen Sohn zum engagierten Schüler, Breakdancer, Kickboxer, Kaufmann bis hin zu Bildungsleiter und Familienvater von drei Töchtern. Dieser Blog ist mein persönliches Projekt, um Gedanken und Erlebnisse zu teilen, mit dem Ziel, gesellschaftliche Diversität widerzuspiegeln. Als "Integrationsblogger" biete ich Einblicke in Debatten aus meiner Perspektive. Jeder Beitrag lädt zum Dialog und gemeinsamen Wachsen ein. Ich ermutige euch, Teil dieser Austausch- und Inspirationsquelle zu werden. Eure Anregungen, Lob und Kritik bereichern den Blog. Viel Freude beim Lesen und Entdecken!

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