Ein Signal kam am Samstag aus insgesamt 16 Städten. „Schweigen gegen das Schweigen“ hieß das Motto, eine Initiative, die sich aus dem sozialen Netzwerk Facebook organisierte. Zeitgleich sollte es in vielen Städten, am 26.11.2011 um 13:00 Uhr einen „focal point“1 geben an dem die Akteure sich versammeln sollten. „Ein positives Zeichen für Respekt, Solidarität und Demokratie und gegen die schweigende Mehrheit in Deutschland, die verstehen muss, dass Rassismus keinen Platz in unserer Gesellschaft haben darf“ hieß es aus der Pressemitteilung der Organisatoren.
Das Einflusspotential dieses Ereignisses ist groß, da nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund teilnahmen, sondern auch Politiker, Schriftsteller, Lehrer, etc. Es waren also durchaus einflussreiche Menschen aus der hiesigen Gesellschaft, wie man auch aus den Medien entnehmen kann.
Erinnern wir uns zurück. Zwei Männer überfallen eine Bank und nehmen sich kurz darauf das Leben. Anschließend wird deren Wohnung in Zwickau, in dem sie unbehelligt seit den Morden an 9 Menschen mit Migrationshintergrund leben konnten, durch eine Explosion zerstört. Ich denke nicht, dass dies ein Zufall war. Es ging wahrscheinlich um Vernichtung der Beweise, wie darüber auch in vielen Medien berichtet wird.
Erst jetzt fällt der Polizei und den Institutionen auf, dass es sich hierbei nicht nur um einen normalen Selbstmord handelt, sondern vielmehr dahinter steckt. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass es sich hierbei um eine rechtsextreme Untergrundorganisation handelt.
Ab diesem Punkt kamen sehr viele Fragen in der Gesellschaft auf. Insbesondere in der Minderheitsgesellschaft, die verständlicherweise besorgt ist.
- Warum ist diese Terrorzelle über die Jahre hinweg nie aufgefallen?
- Wie konnte diese Zelle überhaupt gegründet werden, während die Institutionen in Deutschland doch kleinste Formationen in Richtung Terror erkennen und vereiteln können?
- Gibt es noch andere Untergrundorganisationen der Rechtsextremen Ecke in Deutschland, die unbehelligt agieren?
- In welchen Institutionen hat die Rechtsextreme Ecke Ihre V-Leute?
In diesem Zusammenhang wurde der Verfassungsschutz hart in die Kritik genommen, da er in seinen Aufgaben versagt hat. Jetzt fragt man sich vielleicht, was denn die Aufgaben des Verfassungsschutzes sind. Auf einem Internetauftritt des Verfassungsschutzes heißt es:
„Der Verfassungsschutz ist föderal strukturiert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln nimmt die Verfassungsschutzaufgaben als Zentralstelle auf Bundesebene wahr. Daneben hat jedes Bundesland eine eigene Verfassungsschutzbehörde, die sich regionalen Schwerpunkten widmet.
Die klassischen Aufgabenfelder sind die Beobachtung und Analyse rechtsextremistischer, linksextremistischer und ausländerextremistischer Bestrebungen sowie die Abwehr von Spionagetätigkeiten fremder Staaten. Darüber hinaus ist auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit ein gesetzlicher Auftrag für den Verfassungsschutz. Dass die Öffentlichkeitsarbeit eine hohe Priorität genießt, wird u.a. mit dieser gemeinsamen Internetseite der norddeutschen Länder deutlich, denn nur der Bürger, der Hintergründe kennt, kann seinen persönlichen Beitrag zum Schutz der Verfassung leisten. Für die Sicherung unseres demokratischen Gemeinwesens steht als Ziel im Mittelpunkt, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes umfassend zu informieren und so in ihrer Abwehrbereitschaft zu stärken.“
Meines Erachtens haben wir einige Klischees von Rechtsextremisten in den Köpfen. Wir gehen nämlich davon aus, „Nazis“ würden grundsätzlich Springerstiefel, Bomberjacken tragen und Glatzen haben. Dies ist längst nicht mehr so. Den Nährboden der Rechtsextremen Ecke bereiten nämlich durchaus intellektuelle Menschen. Es sind Autoren, Politiker, Journalisten etc…
Die überregionalen Medien berichten in der Hinsicht auch undifferenziert. Obwohl „nur“ zwei der Opfer Dönerverkäufer waren, heißt die ganze Mordserie auf einmal „Döner-Morde“. Sind sich solche Medien bewusst, dass dieser Begriff was anderes suggeriert?
Deshalb fordert Hans-Christian Ströbele von den Grünen zu recht:
„Die Arbeit und das Agieren des Verfassungsschutzes im rechtsextremen, rassistischen Bereich muss grundsätzlich auf den Prüfstand“.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert eine Reform der Sicherheitsbehörden.
Laut der N24 sagt der „Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Thomas Oppermann (SPD), Rechtsextremismus sei „systematisch“ unterschätzt worden, obwohl er jederzeit in Gewalt und Terrorismus umschlagen könne.“
In der nächsten Zeit wird sich herausstellen, ob die Institutionen, die in der Kritik stehen, mit der gleichen Präzision in dieser Sache arbeiten werden, wie sie es gegen den Terror aus linksextremistischer und ausländerextremistischer anderen Gruppierungen taten.
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1 „Focal Points“ sind Attraktoren der Handlungswahl: weil sie Akteuren aus irgendeinem Grund besonders ins Auge fallen…“ (Handeln und Strukturen: Einführung in die akteurtheoretische Soziologie von Uwe Schimank, S. 223, 2007)