Die SPD hat gesprochen, oder besser gesagt: Olaf Scholz hat sich selbst in die Pole Position gebracht. Einstimmig, wie es heißt, wurde er vom Vorstand als Kanzlerkandidat für die kommende Bundestagswahl nominiert.
Diese Inszenierung von Geschlossenheit und Harmonie kommt pünktlich, doch sie wirft eine entscheidende Frage auf: Ist Olaf Scholz wirklich die Antwort auf die drängenden Fragen, die nicht nur die SPD, sondern das ganze Land plagen?
Pistorius? Nein, danke!
Da war er kurz, der Gedanke an Boris Pistorius, den Verteidigungsminister mit der Beliebtheit eines Rockstars in einer Coverband. Seine Beliebtheitswerte sind hervorragend, seine Politik prägnant, seine Sprache klar. Doch Pistorius entschied sich – ganz staatsmännisch – gegen eine Kandidatur.
Stattdessen überließ er dem leisen Scholz das Feld. Eine Geste der Einheit, die gleichzeitig die Lustlosigkeit der SPD, wirklich für frischen Wind zu sorgen, entlarvt. Man könnte meinen, Pistorius hätte eine Wahlkampflokomotive sein können, aber stattdessen setzt man wieder auf den ruhigen Waggonführer.
Scholz und die Kunst des Vergessens
Olaf Scholz, der Mann, der vieles kann, außer Begeisterung wecken. Er wird gefeiert für seine Rolle als Krisenmanager in der Pandemie und seine pragmatische Politik in der Energiekrise. Doch man darf nicht vergessen, dass er auch der Kanzler ist, der es geschafft hat, so viele Skandale wie möglich unter den Teppich zu kehren – Stichwort Cum-Ex. Ob Scholz hier auf eine kollektive Amnesie der Wähler hofft?
Die SPD und der Mythos der Einheit
Die einstimmige Nominierung Scholz‘ ist ein starkes Zeichen – oder doch nur ein schwacher Versuch, den Eindruck von Einigkeit zu erwecken? Man darf nicht vergessen, dass die SPD immer noch in internen Machtkämpfen steckt. Es ist kein Geheimnis, dass die Basis und Teile des Vorstands Scholz nur zähneknirschend unterstützen. Doch wie heißt es so schön? Not macht erfinderisch. Die SPD, derzeit in den Umfragen hinter CDU und sogar der AfD, sieht sich wohl gezwungen, einen Kandidaten zu präsentieren, der zumindest keine allzu großen Wellen schlägt.
Ein Wahlkampf voller Herausforderungen
Scholz plant, mit den großen Themen des Zeitgeistes in den Wahlkampf zu ziehen: Unterstützung der Ukraine, Bewältigung der Lebenshaltungskostenkrise und wirtschaftliche Erholung.
Doch während er auf der internationalen Bühne mit ruhiger Hand agiert, fragt sich der Bürger, warum diese Hand nicht auch daheim greift. Die Inflation bleibt hoch, der soziale Wohnungsbau liegt am Boden, und die Energiewende schleppt sich dahin. Ein Programm, das Ambitionen verspricht, aber Realismus vermissen lässt.
Die Konkurrenz schläft nicht: Merz, Habeck und Weidel
Während Scholz auf Bewährtes setzt, formiert sich die Konkurrenz. Friedrich Merz, der Mann mit dem Charme eines Buchhalters und der Rhetorik eines Oberlehrers, wurde von der Union als Kanzlerkandidat ins Rennen geschickt.
Seine Themen: Migration und Wirtschaft. Doch ob er damit die Herzen der Wähler erobern kann, bleibt fraglich.
Robert Habeck, der grüne Hoffnungsträger, versucht es mit Küchentischgesprächen und Bürgernähe.
Doch die Grünen kämpfen mit sinkenden Umfragewerten und internen Querelen. Ob Habeck die Wende schafft oder als grüner Don Quijote endet, wird sich zeigen.
Und dann ist da noch Alice Weidel von der AfD, die mit markigen Sprüchen und populistischen Parolen versucht, Wählerstimmen zu fangen. Ihre Chancen auf das Kanzleramt sind gering, doch sie könnte das politische Klima weiter vergiften.
Die Strategie der Langeweile
Vielleicht ist es genau das, was Scholz‘ Strategie ausmacht: die Kunst, niemanden wirklich zu verärgern – aber eben auch niemanden zu begeistern. In einer Zeit, in der Polarisierung die Politik beherrscht, setzt die SPD mit Scholz auf berechenbare Langeweile. Doch kann ein solches Kalkül in einer Zeit, die nach mutigen Entscheidungen schreit, wirklich funktionieren?
Eine Wette auf die Routine
Die SPD mag hoffen, dass Scholz‘ ruhige Art und seine nüchterne Krisenbewältigung die Wähler überzeugen. Doch die Wette auf Routine in einem zunehmend komplexen politischen Umfeld erscheint riskant. Scholz ist nicht der Kanzler, der Mauern einreißt – eher der, der sie nach den Stürmen repariert. Die Frage bleibt, ob die Deutschen einen Verwalter oder einen Visionär wählen wollen.