Es gibt Leute, die kann ich nur schwer verstehen. Andreas Speit ist so einer. Speit schreibt für die taz und ist das, was man einen Rechtsextremismusexperten nennt. Zum zweiten Advent beschäftigte er sich mit dem Interview eines Pioniers der Anti-AKW-Bewegung, Holger Strohm, der von einem „rechtsextremen Magazin“ (Umwelt & aktiv)  interviewt worden ist. Das geht nach Speits Ansicht überhaupt nicht. „Es gebe unter Nazis gute Menschen“, zitiert er Strohm. Und aus dem Beitrag wird deutlich, dass Speit dies nicht für möglich hält. Wie wäre es aber, wenn man den Satz einfach einmal umkehrte: Es gibt unter Nazis keine guten Menschen. Wäre das die passende Variante für Andreas Speit?

Da ist sie, die fatale Nicht-Bereitschaft, zwischen Mensch und Ideologie trennen zu wollen oder zu können. Wenn man Menschen auf bestimmte Eigenschaften reduziert, dann muss man ihnen auch folgerichtig die Fähigkeit zur Entwicklung absprechen. Da frage ich mich: Wollen Leute wie Speit einen Wandel hin zu Menschlichkeit – als Gegensatz zu Rassismus – oder wollen sie einfach nur die Kluft zwischen den Weltanschauungen beschreiben? Speit zitiert den Gescholtenen, der sagt: „In jeder Gruppierung gibt es gute und böse Menschen. Für mich ist die politische Überzeugung kein Maßstab.“ Wenn der taz-Redakteur immer wieder darauf abhebt, dass Strohm dies in einem Magazin sagt, das bei der „NPD bestellt“ werden könne, kann man dem nur entgegen halten:

Gerade einer Gruppe, in der rassistische Ressentiments geschürt werden, ist diese Botschaft wichtig. In jeder Gruppierung, in jedem Kulturkreis, in jeder gesellschaftlichen Gruppierung gibt es gute und böse Menschen. Das ist es ja gerade, was man vielen Leuten in der NPD erklären muss. Es gibt nicht den pauschal schlechten Muslim und nicht den pauschal guten Deutschen – und umgekehrt. Und selbst aus einer Gruppe, die eine inhumane Ideologe vertritt, muss man die positiven Ansätze und Potentiale der einzelnen Menschen fördern, die aus dieser Ideologie heraus führen. Ohne diesen gedanklichen Ansatz würde es heute noch den Kalten Krieg geben. Man muss sich nicht unbedingt in der Vorweihnachtszeit befinden, um über die Geschichte zu reflektieren, in der Jesus gerade im Hause des geächteten Zöllners Zachäus einkehrt: „Denn auch er ist Abrahams Sohn. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“

Entspannungspolitik, das wäre auch einmal eine Maßnahme für die Überwindung innergesellschaftlicher Probleme. Das Argument, dass es mit dem Träger einer unmenschlichen Ideologie – das ist der Rassismus meiner Ansicht nach – keine gemeinsame Ebene geben dürfe, ist falsch und führt zu nichts Gutem. Denn gerade die Suche nach dieser gemeinsamen Ebene ist es – und wenn sie auch noch so klein erscheint –, die allein für eine Veränderung sorgen kann. Warum hat Speit Angst davor, dass sich, wie er das Interview zitiert, ein „Nazi für die Menschheit einsetzen“ könnte. Also kann man herunter gebrochen fragen: Warum soll dieser keine gute Tat begehen können und sollen? Jede gute Tat ist der Einstieg in den Ausstieg. Damit wird man nicht jeden erreichen können, aber sicher viele.

Insofern sollte Andreas Speit sich nicht grämen, dass Holger Strohm mit seinem Interview einem Magazin bei der Etablierung über eine Szenegrenze hinweghilft. Stattdessen könnte er sich freuen, wenn vernünftige Gedanken in die Szene herein getragen werden.

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Ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er studierte Deutsch, Geschichte und Politik in Göttingen und war acht Jahre lang Lehrer an einer Waldorfschule. Als Publizist und Politiker arbeitete er viele Jahre im extrem rechten Milieu. Im Juli 2012 stieg er aus dieser Szene aus. Seitdem engagiert sich Molau in Sachen Extremismusprävention bei Seminaren, Vorträgen und in Aufsätzen. Heute ist er selbstständig für das Textbüro dat medienhus tätig.

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