Bildquelle: Screenshot von der Facebookseite Adnan Marals
Adnan Marals türkisches Bekenntnis zum Deutschsein
In Deutschland kennt ihn mittlerweile fast jeder. Spätestens seit seiner Rolle als Metin Öztürk in der Kult-Serie Türkisch für Anfänger und dem gleichnamigen Kinofilm ist Adnan Maral einem breiten Publikum bekannt. Die Rolle des spießigen und überkorrekten deutsch-türkischen Kriminalbeamten ist Maral wie auf den Leib geschrieben. Für seine schauspielerische Leistung in der von 2006 bis 2008 in drei Staffeln ausgestrahlten Serie wurde er mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Zuletzt war Maral 2014 in der Culture-Clash-Komödie „Kückückskind“ und der Verfilmung des Bestsellers „Hans mit scharfer Soße“ zu sehen. Deutschen wie Türken gilt Adnan Maral, der heute mit seiner Familie in der Nähe von München lebt, seitdem als „Vorzeigetürke“ und „Botschafter zwischen den Kulturen“. In seiner Autobiografie Adnan für Anfänger – Mein Deutschland heißt Almanya beschreibt Maral, dass diese Einschätzung durchaus zutrifft.
Zunächst auf die Rolle des Klischeetürken festgelegt
Humorvoll, aber auch oft unerwartet nachdenklich stimmend erzählt der Autor viele interessante und spannende Anekdoten aus seinem Leben. Sie geben mitunter recht tiefe Einblicke in seine Kindheit, seine Anfänge als Schauspieler und in die turbulente Zeit am Set von Türkisch für Anfänger. Maral berichtet, wie er als Sohn eines türkischen Gastarbeiters der ersten Generation 1970 nach Deutschland kam und mit seinen beiden Brüdern in einem Frankfurter Problemviertel aufwuchs. Schon während der Schulzeit entdeckte er seine Leidenschaft fürs Theater und versuchte sich recht erfolgreich als Schauspieler. Mit 14 Jahren war er das jüngste Mitglied im Team der Theatergruppe. Mit 16 spielte er in Heiner Müllers Stück Die Schlacht einen SS-Mann. Eine wichtige Erfahrung für Adnan Maral, weil ihn damals noch keiner fragte, woher er komme und ob er einen Migrationshintergrund habe. Maral konnte und durfte einfach Schauspieler sein. Mit immer größerem Erfolg. Nach dem Studium folgten weitere Engagements, bei denen er jedoch als Erwachsener rasch zu oft auf die Rolle des Klischee-Türken reduziert wurde. Insgesamt 13 Mal, so berichtet Maral ein wenig resigniert, habe er während der 1980er und 1990er Jahre eine Rolle namens Mehmet gespielt. Die kreative Kompetenz und Phantasie deutscher Drehbuchautoren bewegte sich zu dieser Zeit leider innerhalb äußerst enger Grenzen. Es entbehrt dennoch durchaus nicht einer gewissen Ironie, dass ihm dann doch ausgerechnet die Rolle des Deutschtürken Metin Öztürk, der in seiner Ordnungsliebe und Gründlichkeit kaum „deutscher“ sein könnte, den nationalen Durchbruch brachte.
Warum Adnan Maral Begriffe wie Integration und Toleranz ablehnt
Adnan für Anfänger liefert jedoch nicht nur einen interessanten Blick hinter die Kulissen seines Privat- und Schauspielerlebens. In seinem Buch berichtet Adnan Maral zudem von seinem umfangreichen gesellschaftspolitischen Engagement, indem er pointiert und unterhaltsam, aber auch kritisch auf die vergangenen vierzig Jahre deutsch-türkischer Integrationsgeschichte zurückschaut. Humorvoll und stets mit einem Augenzwinkern verweist er auf die vielen gegenseitigen Vorurteile und klischeebehafteten Denkweisen von Deutschen und Türken. Türkische wie deutsche Leser werden vieles aus seinen Geschichten wiedererkennen und schmunzeln, vor allem was ihre eigenen Vorurteile anbelangt. Mit Begriffen wie Toleranz und Integration, so betont Maral wiederholt, könne er allerdings nicht viel anfangen, da deren Verwendung die Begegnung zwischen zwei Menschen auf Augenhöhe eher behindere als fördere. Adnan Maral ist allein schon das Wort Toleranz ein Graus. Im Lateinischen bedeutet „tolerare“ wörtlich erdulden, bzw. ertragen. Was so aber nicht Sinn der Sache sein könne. Denn integriert sind die meisten Migranten Marals Ansicht nach schon längst. Und sie möchten eben nicht nur geduldet und ertragen, sondern von der Mehrheitsgesellschaft voll und ganz akzeptiert werden. Was übrigens genauso für den Autor selbst gilt: Adnan Maral lebt seit 40 Jahren in Deutschland und wundert sich, dass er – im Gegensatz zu seiner Schweizer Ehefrau – noch immer keinen deutschen Pass haben darf. Als eine Art deutsch-türkischer Kulturbotschafter möchte sich Maral daher nicht nur für die doppelte Staatsbürgerschaft, sondern auch für die Erneuerung des Integrationsdialoges einsetzen.
Unterwegs als deutsch-türkischer Kulturbotschafter
Und er erhält diesbezüglich prominente Unterstützung: Zusammen mit dem SPD-Politiker und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ist er im Rahmen der Ernst-Reuter-Initiative seit 2006 als Botschafter im deutsch-türkischen Dialog unterwegs. Die Ernst-Reuter-Initiative für Dialog und Verständigung der Kulturen (ERI) wurde im September 2006 von den Außenministern Deutschlands und der Türkei ins Leben gerufen, um die deutsch-türkische Kooperation in Kunst und Kultur, Politik und Medien, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft zu fördern. ERI möchte öffentliche Aufmerksamkeit und Unterstützung für Ideen, Projekte und Programme erzielen, um den interkulturellen Dialog in besonderer Weise zu unterstützen und für diesen zu werben. Benannt ist die Initiative nach dem Sozialdemokraten Ernst Reuter, der 1931 Bürgermeister von Magdeburg war. Nach seiner Amtsenthebung durch die Nazis und einer zweimaligen Haft im Konzentrationslager floh Ernst Reuter 1935 in die Türkei. Dort war er unter anderem als Berater im Wirtschaftsministerium tätig, bevor er nach Kriegsende nach Deutschland zurückkehrte und 1948 zum Oberbürgermeister (ab 1950: Regierenden Bürgermeister) von Berlin gewählt wurde. Ernst Reuter befand sich damals in trauter Gesellschaft: Viele NS-Verfolgte fanden während der Nazizeit Zuflucht in der Türkei, vor allem zahlreiche Künstler und Wissenschaftler. Menschen, die seit 1933 in Deutschland als Juden oder Andersdenkende verfolgt und bedroht wurden. Viele kehrten nach dem 2. Weltkrieg nach Deutschland zurück, andere hingegen blieben in der Türkei. Manche von ihnen haben bis heute eine innige Beziehung zu ihrem (ehemaligen) Gastland bewahrt. So ist es ebenfalls ein Anliegen der Initiative, die gemeinsame Geschichte beider Länder wachzuhalten und aus dieser Perspektive ein produktives und vertrauensvolles Miteinander auch in Zukunft weiter zu stärken.
Beim Deutschen Filmfest 2006 hatte Adnan Maral einen Mann getroffen, der beim Auswärtigen Amt arbeitete und ihn mit dem Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Kontakt brachte. Das Konzept der Ernst-Reuter-Stiftung stieß bei Adnan Maral auf spontane Begeisterung. Er begleitete Steinmeier im Rahmen der Stiftung auf eine gemeinsame Reise nach Istanbul, zusammen mit vielen anderen Vertretern der Medien, der Kultur und der Wissenschaft. Bis heute setzt sich Adnan Maral für den türkisch-deutschen Dialog ein und begleitet Frank-Walter Steinmeier als Kulturbotschafter regelmäßig auf Reisen in die Türkei. Beide sind inzwischen befreundet.
Fazit: Adnan für Anfänger ist ein ebenso unterhaltsames wie informatives Buch, das spannende Einblicke und wichtige Denkanstöße liefert.