Die Postkarte hatte in der Schachtel auf dem Küchentisch gelegen und darauf gewartet, dass jemand sie bemerkte. Es waren Ferien, und Benjamins Eltern hatten sich Urlaub genommen. Sie schliefen aber noch. Benjamin war schon eine ganze Weile wach, und hörte seinen Papa im Schlafzimmer schnarchen. Die Karte hatte Mama gestern Abend aus den Briefkasten geholt. Sie hatte gelächelt als sie ihn las, und dann in die Schachtel gelegt. Dann hatte sie Benjamin ins Bett gebracht. Nun saß er am Küchentisch und betrachtete die Karte. Lesen konnte er noch nicht. Aber die Schrift war auch nicht das faszinierende an der Karte, sondern das Bild. Es bestand aus unterschiedlich großen Sternen. Benjamin erkannte sehr schnell, dass es Aufkleber waren. Er knibbelte einen Stern ab und klebte ihn auf den Tisch.

Es dauerte nicht lange, da hatte Benjamin noch andere Möbel gefunden, auf die ein Stern passen könnte. Auf den Kühlschrank klebte er gleich mehrere. Dann kam Benjamin noch ein Gedanke. Er öffnete die Wohnungstür und betrachtete das Klingelschild. Da konnte auch ein Stern hin. Und die Schilder der Nachbarn durften auch Sterne haben. Und der Flur, und die Türen. Dann waren die Aufkleber aufgebraucht. Ein wenig Traurig tapste Benjamin zurück in die Wohnung.

„Guten Morgen“ sagte seine Mutter, die gerade aus dem Badezimmer kam.

Da kam Papa aus der Küche. „Sag mal, kann  mir mal jemand sagen, warum die ganze Küche voller Aufkleber klebt?“ wollte Papa wissen.

„Schön, oder?“ strahle Benjamin. Papa sah weniger begeistert aus, sagte aber nichts weiter. Dann gab es erst mal Frühstück. Danach wollte die Familie zusammen einen Spaziergang machen. Im Flur stand Herr Ulrich und starrte entgeistert auf sein Klingelschild.

„Wieso klebt da ein Davidstern an meiner Klingel!“ ärgerte er sich, „der ganze Flur voller Davidsterne. Machen wir jetzt eine Synagoge auf oder was?!“

Das war der Tag an dem Benjamin lernte, dass nicht alle Sterne gleich sind, und dass nicht alle Menschen sie an ihrer Türklingel haben wollen. Herr Ulrich wollte überhaupt keine Aufkleber an seiner Klingel haben.

„Das nächste Mal klebst du deine Aufkleber in ein Heft“ sagte Papa später, „oder von mir aus an deine Brotdose. Aber der Hausflur bleibt kleberfrei, hast du mich verstanden?“

Na klar hatte Benjamin das verstanden. Aber von anderen Verschönerungsideen hatte Papa nichts gesagt.

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