„Gehst du oder bleibst du?“ – Eine Frage, die man sonst bei gescheiterten Beziehungen hört, scheint neuerdings auch im Konrad-Adenauer-Haus Konjunktur zu haben. Denn während die CDU noch damit beschäftigt ist, den Mantel der Geschichte zu suchen, rufen immer mehr Mitglieder aus der zweiten Reihe: „Schluss mit dieser toxischen Beziehung!“
Einer, der sich diesen Schritt zu Herzen genommen hat, ist Aladdin Beiersdorf-El Schallah – stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Muslime NRW und Stadtverordneter in Sankt Augustin. Auf seiner Facebook-Seite hat er kürzlich seinen Austritt aus der CDU öffentlich begründet. Sein Abschied ist kein leises Schluchzen, sondern ein markerschütternder Schrei des Gewissens. Und ja, er lässt kein gutes Haar an seiner (Ex-)Partei.
Von der “Volkspartei” zur “Volksteilen-Partei”
Die CDU – früher als Partei der „Mitte“ verkauft – hat sich in den letzten Jahren zum schmalen Grat zwischen den Fronten entwickelt. Rechts von ihr stehen die Populisten, links von ihr die Abgehängten, und irgendwo dazwischen wedelt Friedrich Merz mit seinem sprichwörtlichen Aktienkoffer. Statt Brücken zu bauen, schlägt die CDU mittlerweile Schneisen. Manch einer in der Partei scheint zu glauben, dass “Spaltung” ein Bestandteil christlicher Nächstenliebe sei. Aladdin Beiersdorf-El Schallah sieht das anders.
Der Sturz des Assad-Regimes in Syrien – für viele ein Moment der Hoffnung – hätte die CDU als Symbol für den Triumph der Freiheit feiern können. Doch was macht die Partei? Sie reibt sich lieber die Hände über den vermeintlich drohenden Zustrom syrischer Geflüchteter. Die Zuwanderung von Menschen, die den Terror einer Diktatur überlebt haben, wird zur Bedrohung hochstilisiert. Empathie? Fehlanzeige. Stattdessen schwingt der Geist von „Das Boot ist voll“ durch die Parteizentrale.
Muslime? Problem. Geflüchtete? Problem. CDU? Kein Problem (sagen sie selbst)
Muslime in Deutschland sehen sich immer häufiger als Bürger zweiter Klasse. Studien, Berichte, Dokumentationen – die Beweise dafür stapeln sich höher als die Karrierepläne von Philipp Amthor. Doch für die CDU ist das alles “Einzelfall”, “Ausnahme”, “nicht belegt” oder “übertrieben”.
Beiersdorf-El Schallah benennt diese Missstände klar: Statt Muslime als Teil der Gesellschaft anzuerkennen, pflege die CDU eine Politik der Marginalisierung. Antimuslimischer Rassismus, wissenschaftlich belegt und immer offensichtlicher, wird ignoriert oder bagatellisiert. Als stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Muslime NRW ist es für ihn nicht nur eine politische Frage, sondern eine persönliche.
Die CDU macht auf stark – und zeigt Schwäche
Die CDU behauptet gerne, sie sei eine “starke Partei”, die “klare Kante” zeigt. Doch Stärke ist nicht gleich Lautstärke. Statt klare Positionen zu beziehen, agiert die CDU mit der Präzision eines schlecht programmierten Chatbots. Ihre Botschaften sind nicht nur unklar, sondern auch widersprüchlich.
Beiersdorf-El Schallahs Kritik an der Haltung zum Nahost-Konflikt trifft ins Schwarze: Solidarität mit Israel wird nicht als differenzierte Politik verstanden, sondern als reflexartiges Parteiergreifen – ohne Raum für Reflexion oder Humanität. Das Ergebnis? Ein öffentlicher Diskurs, der Brücken verhindert, statt sie zu bauen.
Interkulturelle Alibipolitik? Ja, aber bitte ohne zu viel Kultur
Aladdin Beiersdorf-El Schallah hat sich jahrelang auf kommunaler und Landesebene für Integration und interkulturellen Dialog engagiert. Doch jetzt stellt er ernüchtert fest: Es war nur ein Feigenblatt. Er sollte Alibi-Muslim sein – das „freundliche Gesicht“ einer Partei, die sich Offenheit auf die Fahnen schreibt, während im Hintergrund die Fahne für Ausgrenzung gehisst wird. Er zieht die Reißleine – und verweigert sich, länger das Aushängeschild einer Politik zu sein, die auf populistische Effekte setzt.
Ist das noch Volkspartei oder kann das weg?
Von der Volkspartei zur Selbsthilfegruppe für vergangene Größe – so könnte man die Entwicklung der CDU in den letzten Jahren beschreiben. Statt Politik für die ganze Bevölkerung zu machen, wird nur noch auf den eigenen Wählermarkt geschielt. Doch wenn die CDU glaubt, durch Populismus AfD-Wähler zurückholen zu können, wird sie am Ende nur eines zurückholen: ihre eigenen Austritte.
Aladdin Beiersdorf-El Schallah ist nicht der erste, der die Partei verlässt, aber seine Worte wiegen schwer. Er war Brückenbauer. Jetzt ist er ein Mahner. Wer die Brückenbauer ziehen lässt, bleibt am Ende allein zwischen den Trümmern.
Der Anfang vom Ende – oder eine letzte Chance?
Mit dem Austritt von Aladdin Beiersdorf-El Schallah zeigt sich, was viele längst ahnen: Die CDU steht an einem Scheideweg. Will sie weiterhin Politik für die Mehrheit machen oder endlich für die gesamte Gesellschaft? Der Parteiaustritt ist nicht nur ein Einzelfall, sondern das Symptom eines tiefergehenden Problems.
Beiersdorf-El Schallah hat die CDU als unvereinbar mit seinen Werten erlebt – Werte, die die Partei einst selbst hochgehalten hat. Wenn die CDU nicht erkennt, dass sie hier Menschen verliert, die für Zusammenhalt und Integration stehen, dann wird sie bald mehr verlieren als ein paar Mitglieder: Sie wird den Anschluss an die Realität verlieren.