Ein Fundamentalist ist ein Mensch, der vergessen hat, dass man ein Fundament zwar für sein Haus benötigt. Aber es reicht allein nicht aus, um zu leben. Nach dem Fundament müssen Mauern gezogen, Räume geschaffen werden und am Ende kommt das Dach drauf. Und wenn man sein Haus erbt oder sich erwirbt, muss es gepflegt werden, verändert, erneuert. Fundamentalismus und Fanatismus, darum ging es beim Workshop bei der Religionslehrenden Studientag beim Evangelischen Kirchenkreis Gladbach-Neuss. Ich durfte einen Workshop abhalten, der sich mit der Sozialisation und der Persönlichkeit von Fundamentalisten beschäftigte. Diese, man nennt sie auch Extremisten oder was auch immer, halten Ihre Wahrheit für absolut und unfehlbar. Und alle, die sie nicht vertreten sind Feinde. Dass eine Kultur oder Gesellschaft nicht funktionieren kann, wenn alle so ticken, scheint evident. Deshalb ist die Frage, wie man dieses Phänomen aufweichen kann. Das fängt damit an, dass man ihre Persönlichkeit erst einmal zu verstehen versucht.

Schwarz und weiß und das dazwischen

Zwei Gedanken dazu lösen das Problem nicht, aber machen aufmerksam. Einmal: Fundamentalisten und Extremisten sind nicht exklusiv und nur Extremisten, Menschenfeinde oder was auch sonst. Sie vertreten solche Auffassungen zu einem Teil. Und da sind dann immer noch andere Wesensanteile und Eigenschaften vorhanden. Sie besitzen vielleicht viel mehr von dem, was uns verbindet, als was uns trennt. In einem Referat bei der Tagung sagte ein Theologe, der zum Thema Salafismus referierte: Man müsse sich klar machen, dass sogar ein Pierre Vogel mehr humanistische Grundwerte in sich trüge, als er sich selbst und wir ihm zugestehen würden. So ist es mit jedem Fundamentalisten – egal ob links, rechts oder religiös motiviert –, der vom martialischen Wortgeklingel mancher Wortführer des politischen Diskurses bekämpft werden möchte. Krieg führt niemals zu Frieden. Hass nicht zu Ausgleich. Es gehört zum Mechanismus der Angst, der nicht nur Populisten und Extremisten vorantreibt, dass man auf das schaut, was nicht geht, statt auf das, was geht. Verstehen und Versöhnung weichen dagegen Fundamentalismus und Fanatismus auf.

Das Beharren auf Irrtümern

Schließlich: Irren ist menschlich. Vollständig heißt diese lateinische Spruchweisheit eigentlich: »Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch.« Ideologen sind es, jedweder Couleur, die die Wirklichkeit ihrem Gedankenkonstrukt unterzuordnen versuchen. Auch wenn sie dem Augenschein und der Lebensrealität widersprechen. Und das fängt bei jedem und im Alltäglichen an. Wer sich über die Einseitigkeit der Presse ärgert, über den Rassisten, den Islamisten, Linken etc. sollte sich immer darüber im Klaren sein, wie vielen Irrtümern er selbst bereits aufgesessen ist. Welche Irrtümer er selbst munter vertreten hat. Und wie viel Unsinn er in seinem Leben selbst geredet hat. Dieser Gedanke beruhigt ungemein, weil er zeigt, dass man den Irrtum sogar benötigt, um sich zu entwickeln. Solche Einsichten brauchen aber nicht nur Fundamentalisten, um wieder auf den Boden der Realität zu kommen, sondern auch diejenigen, die sie kritisieren und integrieren wollen. Die Fundamentalisten stellen das System infrage. Und die Mehrheitsgesellschaft muss sich nicht nur Kritik gefallen lassen, sondern selbst davon ausgehen, dass nicht alles ideal ist. Ansonsten funktionieren sie nur im gleichen Muster, wie die Fundamentalisten selbst.

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Ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er studierte Deutsch, Geschichte und Politik in Göttingen und war acht Jahre lang Lehrer an einer Waldorfschule. Als Publizist und Politiker arbeitete er viele Jahre im extrem rechten Milieu. Im Juli 2012 stieg er aus dieser Szene aus. Seitdem engagiert sich Molau in Sachen Extremismusprävention bei Seminaren, Vorträgen und in Aufsätzen. Heute ist er selbstständig für das Textbüro dat medienhus tätig.

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